Rechtspfleger in Gerichtsvollzieherdienst wechseln

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Moderator: Petra Bausch

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Anonymous

Rechtspfleger in Gerichtsvollzieherdienst wechseln

Beitrag von Anonymous »

Hallo Liebe Kollegen,

ich bin derzeit als Rechtspfleger in der Zwangsvollstreckung tätig.

Vor einigen Jahren war es ja einigen Kollegen möglich in den Gerichtsvollzieherdienst zu wechseln. Ist dies aktuell auch möglich?

Ich bin derzeit mit A9 besoldet. Das Grundgehalt wäre demnach gleich. Daher würde mich interessieren auf was für Mehreinnahmen durch Vollstreckungsvergütung, Wegegelder und Bürokostenvergütung man sich in etwa einstellen kann? Was für Mehrausgaben für Büro etc. würden dem ca. entgegen stehen?

Mir ist klar, dass es starke Schwankungen gibt zwischen den Einnamen der Gerichtsvollzieher. Ich habe bereits gehört, dass man von Vollstreckungsvergütung im Rahmen von 15.000-30.000,00€ jährlich ausgehen kann, zzgl. Bürkostenentschädigung und Wegegelder.

Nach meiner Einschätzung dürfte man dann mit A 9 + mindestens ca. 1000,00€ rechnen können, also ungefähr einer A12er Besoldung.

Liege ich mit der Annahme ungefähr richtig? Gerne nehme ich auch Hinweise per PN entgegen, falls jemand sich hierzu nicht öffentlich äußern möchte.

Gruß
Burkhart Mathey
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Registriert: Mo 18. Jun 2007, 12:06

AW: Rechtspfleger in Gerichtsvollzieherdienst wechseln

Beitrag von Burkhart Mathey »

Lieber Rpfleger,

wenn Sie ernsthaft in den Gerichtsvollzieherdienst wechseln wollen sollten Sie bedenken, dass die wöchentliche Arbeitszeit der Gerichtsvollzieher über die für einen Beamten übliche Maß hinaus zwingend notwendig ist.
Die Sachkosten für die Unterhaltung eines externen Büros ( Geschäftszimmer) liegen bei ca. 12000,00 bis 15000,00 EUR im Jahr. In diesem Betrag sind Kosten für Miete, IT-Infrastruktur (PC für eigenen Arbeitsplatz, Notebook, und Mitarbeiter, Netzwerk), Büroeinrichtung für mindestens 2 Arbeitsplätzen, Telefon, Reinigung, Versicherungen, Bürobedarf etc. abzugelten. Für die Bewältung der Mehrarbeit, insbesondere durch die Reform der Sachaufklärung, benötigen Sie mindestens eine Mitarbeiterin oder Mitarbeiter als Vollzeitkraft in Ihrem Büro, die oder der ca. 26000,00 EUR im Jahr kosten wird. Sachkosten und Personalkosten werden bis Ende 2014 mit den von der Landesregierung bewilligten Bürokostenentschädigung bestritten. Diese reicht jedoch heute nicht mehr aus. Ob die ab dem Jahr 2015 prozentuale Beteiligung an den Gebühreneinnahmen ausreichend sein wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nur spekuliert werden. Abhängig davon ist z.B. zu welchem Anlass der Gerichtsvollzieher nach dem GVKostG Gebühren berechnen darf. In diesem Zusammenhang verweise ich u.a. auf die Diskussion, ob eine Eintragungsanordnung von Amts wegen, d.h. ohne Gebührenansatz, zugestellt werden muss. Die Ausgaben des Büros werden aber bleiben.
Dafür dürfen Sie sich als Unternehmer "fühlen". Wer sich mit diesem Gedanken nicht anfreunden möchte, sollte die Überlegungen an einen Berufswechsel zum Gerichtsvollzieher wieder aufgeben.

Die vereinnahmten Wegegelder sind ein Auslagenersatz für dienstlich notwendige Dienstgänge zu den Schuldnern, für die Fahrt zum Briefkasten oder die Fahrt zum Sparkasse oder Bank mit dem Privat-PKW. Auch hier wird eine Reduzierung des Wegegeldes derzeit wieder von der Justizverwaltung diskutiert. Wenn darüber hinaus Prüfgruppen die Dienstaufsicht ausüben und gerne auch die Fachaufsicht der Vollstreckungsgerichte übernehmen, ist Ihre Stellung als gelernter Rechtspfleger futsch. Es wird zwar gerne von einem unabhängigen Vollstreckungsorgan gesprochen, leider nur in der juristischen Fachwelt und nicht bei dem Dienstherrn.
Sie vergleichen das Einkommen mit A 12? Mein Rat, bleiben Sie lieber als Rechtspfleger in Ihrer Entscheidung unabhängig, nutzen Sie die Vorteile der Arbeitszeitregelung und suchen Sie nach interessanten Entwicklungsmöglichkeiten als Rechtspfleger.
Wenn Sie jedoch meine vorgebrachten Bedenken über Bord werfen und die von mir erwähnten "Unwägbarkeiten" insbesondere als Unternehmer und der evtl. Verlust Ihrer rechtspflegerischen Unabhängigkeit auch in Kauf nehmen wollen, empfehle ich Ihnen mit dem Dienstherrn ein Gespräch zu suchen.

Herzliche Grüße
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