Erteilung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses

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Moderator: Petra Bausch

Theo Seip
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AW: Erteilung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses

Beitrag von Theo Seip »

§ 802d ZPO, KV 261 GvKostG
Hat der Gläubiger seinen Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft nach § 802f ZPO mit der Einschränkung versehen, dass er als zurückgenommen gelten solle, falls der Schuldner die Vermögensauskunft bereits abgegeben hat, ist dem Gläubiger keine Abschrift des Vermögensverzeichnisses zu erteilen und die Gebühr nach KV 261 GvKostG nicht zu erheben.
OLG Hamm, Beschluss vom 10. Februar 2015 – I-25 W 306/14


Anmerkung:
Die Entscheidung stellt die Dispositionsfreiheit des Gläubigers in den Vordergrund und kommt zu dem Schluss, dass die Vorschrift des § 802d ZPO, wonach der Gerichtsvollzieher in Erledigung eines Folgeauftrages zur Abnahme der VAK dem Gläubiger eine Abschrift eines bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses zuzuleiten und die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis anzuordnen hat, dann nicht anzuwenden sei, wenn der Gläubiger auf diese Maßnahme schon in seinem Auftrag ausdrücklich verzichtet habe. Das Gesetz gibt jedoch in § 802d ZPO dem Gerichtsvollzieher klare Anweisungen, von deren Ausführung ihn unzulässige Einschränkungen des Gläubigers nicht abhalten dürfen. Beim Gläubiger ist die Kenntnis des Gesetzes vorauszusetzen, so dass ihm die Konsequenzen seiner Auftragserteilung bekannt sind. Soweit im letzten Absatz der Entscheidung ausgeführt wird, dass die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis dem Gläubiger keine umfängliche Information gebe, da es sein könne, dass der Schuldner die VAK abgegeben, diese im Schuldnerverzeichnis während der Sperrfrist aufgrund erfolgter Gläubigerbefriedigung bereits wieder gelöscht worden sei, spricht dies doch dafür, dem Folgegläubiger eine Abschrift des Vermögensverzeichnisses zu erteilen und die Eintragung des Schuldners im Schuldnerverzeichnis zu veranlassen, weil das den Schuldner auch in diesem Falle dazu bewegen kann, seine Schuld zu tilgen und die Eintragung im Schuldnerverzeichnis löschen zu lassen. Dasselbe gilt in Fällen des § 882e Abs. 1 Nr. 3 ZPO, in denen u. U. keine Eintragung im Schuldnerverzeichnis erfolgt, einem Folgegläubiger aber das abgegebene Vermögensverzeichnis gemäß § 802d ZPO zugeleitet wird.

Da OLG stellt die Dispositionsfreiheit des einzelnen Gläubigers über das Informationsinteresse der Allgemeinheit, weshalb diese nicht verpflichtet werden könnten, durch Zahlung der Gebühren für nicht gewünschte Vermögensverzeichnisse einen umfassenden Schutz potentieller Gläubiger durch Finanzierung des Schuldnerverzeichnisses zu gewährleisten. Dieses könne aber ohnedies nicht lückenlos sein, da die Eintragung unterbleibe, wenn der Gläubiger überhaupt keinen Vollstreckungsauftrag erteile, somit jede Eintragung vom Willen des einzelnen Gläubigers abhängig sei.

Wenn man die Dispositionsfreiheit des Gläubigers zur Maxime erhebt, dann könnte der im Termin zur Abgabe des Vermögensverzeichnisses anwesende Gläubiger sich dessen Inhalt zu Eigen machen und danach seinen Auftrag sofort zurücknehmen, damit die Eintragung im Schuldnerverzeichnis und auch die Hinterlegung des Vermögensverzeichnisses unterbleiben kann. Soweit kann aber die Dispositionsfreiheit nicht gehen.

Insgesamt gesehen, stellt sich die OLG-Entscheidung mehr als Kritik am Gesetzeswortlaut als an seiner Anwendung dar.
OGV a. D. Theo Seip, Limburg/Lahn

Nachtrag:
Der Hinweis des OLG (Seite 11) dass KV 604 GvKostG für die von ihm vertretene Auffassung spreche, lässt außer acht, dass die Gebühr nach KV 604 auch dann anfällt, wenn der Schuldner im Rahmen des § 802b ZPO Zahlung leistet.
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Anonymous

AW: Erteilung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses

Beitrag von Anonymous »

1. Dem Gläubiger steht auf Grund der im Zwangsvollstreckungsrecht allgemein geltenden Dispositionsmaxime das Recht zu, den Vollstreckungsauftrag für den Fall einzuschränken bzw. zurückzunehmen, dass der Schuldner innerhalb der Sperrfrist bereits die Vermögensauskunft abgegeben hat. Eine Pflicht des Gerichtsvollziehers, auch in diesem Fall dem Gläubiger die schon zuvor von dem Schuldner abgegebene Vermögensauskunft zu übermitteln, besteht dann nicht (Anschluss LG Arnsberg, 31. Oktober 2013, 6 T 210/13, DGVZ 2014, 18 und LG Neubrandenburg, 25. Juni 2014, 2 T 101/14, DGVZ 2014, 218; entgegen LG Münster, 21. Mai 2014, 5 T 194/14, DGVZ 2014, 201 und AG Dortmund, 10. Januar 2014, 241 M 2027/13, DGVZ 2014, 72).
2. Im Fall einer Rücknahme eines Auftrags auf Vermögensauskunft erhält der Gerichtsvollzieher gemäß Nr. 604 KV GvKostG lediglich eine Gebühr in Höhe von 15,00 €.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 12.02.2015 – 9 W 143/14 –, juris
Theo Seip
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AW: Erteilung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses

Beitrag von Theo Seip »

Die Entscheidung des OLG Schleswig-Holstein setzt voraus, dass der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger Auskunft darüber erteilt, ob der Schuldner die Vermögensauskunft bereits abgegeben hat. Auskünfte aus dem Schuldnerverzeichnis gehören aber nicht zu den Aufgaben des GV. Dazu muss der Gläubiger sich nach § 6 SchuFV an das zentrale Vollstreckungsgericht oder gem. § 11 SchuFV an das für ihn zuständige Amtsgericht wenden. Davon wurde von den Gläubigern bisher aus Kostengründen oft kein Gebrauch gemacht. Die ab 1. Oktober 2015 geltende Änderung der SchFV (BGBl. I S. 1412) sieht deshalb in § 8 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit den landesrechtlichen Kostenbestimmungen vor, dass für die gemeinsame Übermittlung mehrerer Datensätze die hierfür zurzeit vorgesehene Gebühr von 4,50 Euro nur einmal erhoben wird.
Theo Seip
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Re: AW: Erteilung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses

Beitrag von Theo Seip »

olivere hat geschrieben:Das AG Solingen entschied, dass eine VAK für einen Drittgläubiger auch ohne vorherigen Abnahmeauftrag erteilt werden kann.
Das Amtsgericht lässt außer Betracht, dass der Gerichtsvollzieher gemäß § 802d Abs. 1 Satz 2 ZPO dem Gläubiger aufgrund eines Auftrages zur Abnahme der VAK einen Ausdruck des bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses zuzuleiten hat. Wird dagegen einem Antrag auf Erteilung einer Abschrift des VAK entsprochen, wie vom AG Solingen entschieden, fehlt die Grundlage für die erneute Eintragung des Schuldners im Schuldnerverzeichnis gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Die einfache Erteilung einer Abschrift der bereits abgegebenen Vermögensauskunft durch den Gerichtsvollzieher, wozu der Gerichtsvollzieher angewiesen wurde, sieht die ZPO nicht vor.
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Anonymous

Re: Erteilung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses

Beitrag von Anonymous »

Der Gläubiger kann durch Beschränkung des Vollstreckungsauftrags auf die Zuleitung eines Ausdrucks des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses verzichten.

BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - I ZB 21/16
Anonymous

Re: Erteilung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses

Beitrag von Anonymous »

Durch die seit dem 26.11.2016 geltende neue Formulierung in § 802d ZPO ist ein Verzicht auf die Übersendung des letzten Vermögensverzeichnisses nicht mehr möglich.
Anonymous

Re: Erteilung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses

Beitrag von Anonymous »

Hallo, ich bin Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte und habe einen Schuldner, der sich seit 2 Jahren durch Nichtummelden jeglichen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen entzieht.

Ich würde gern die öffentliche Zustellung der Ladung beantragen, meine Frage ist hierzu:

Gibt es dafür ein Formular und erhalte ich nach Ablauf der Frist (wie lange?) auch die Drittschuldnerauskünfte?

Vielen Dank. :confused:
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