Zustellung trotz InsO-Eröffnung?

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Moderator: Petra Bausch

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Anonymous

Zustellung trotz InsO-Eröffnung?

Beitrag von Anonymous »

Beim Schuldner ist amtsbekannt das InsO-Verfahren eröffnet.
Beim GV geht ein Zustellungs- und Vollstreckungsauftrag ein.
Wie verfährt die Praxis?
a.) Feststellung Inso-Verfahren ist eröffnet und
Mitteilung an Gläubiger davon
oder
b.) Zustellunsauftrag ausführen
( Zustellen an Schuldner o. InsO-Verw. ?)
aber ZWV einstellen wg. InsO-Eröffnung.

Nach den gesichteten InsO-Kommentaren soll die normale Zustellung noch zulässig sein, wenn es sich um keine Zwangsvollstreckungsmaßnahme handelt ( also keine Pfübzustellung, weil diese ja Pfändungswirkung hat).
Ob diese Zustellung einen Sinn macht bzw. ein Rechtsschutzbedürfnis dafür besteht ?
Wer kennt hierzu Entscheidungen?
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

So auch DGVZ 2004, 68
DGVZ 1977,49 Prof. Beehr
OLG Düsseldorf in NZI 2002, 388
DGVZ 2003,163 Harnacke

Ob an den Schuldner oder InsoVerwalter zuzustellen ist ?
Welchen Sinn soll eine Zustellung trotz InsO haben
(Rechtsschutzbedürfnis ?)
Das Problem einfach ignorieren und Auftrag einstellen
: " Inso-Verfahren eröffnet am ... unter AZ. .... "?
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Meine Recherchen habe ich unter dem nachfolgenden Link zusammengefasst:

http://www.paschold.us/insolvenz-und-zustellungen.htm

23.06.05WP
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Herrn W.P. vielen Dank für die umfangreiche Recheche trotz Sommerhitze!

Das OLG Düsseldorf hat sich ebenfalls mit dieser Frage beschäftigt in NZI 2002, Seite 388! Diese Entscheidung wird in den InsO-Kommentaren zitiert. Liegt mir aber nicht vor.
Ist der Inhalt der Entscheidung jemandem bekannt?
Anonymous

Zustelllung an Schuldner trotz laufendem InsO-Verfahren

Beitrag von Anonymous »

Die NOTWENDIGKEIT einer Zustellung trotz laufendem InsO-Verfahren (Verbraucher und/oder Regelinsolvenz) ergibt sich aus mehreren Gründen:

a) Rechtshänigkeit
b) Verjährungsunterbrechung
c) es könnte sich um "neue" Forderungen handeln, die nicht
vom InsO Verfahren erfasst sind
d) es gibt nicht nur Zahlungstitel

uvm

- Postsperre ist nicht generell gegeben, sondern nur auf ausdrückliche Anordnung
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Zu Herrn Zander vom 23.06.2005:
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf lautet:


OLG Düsseldorf 19. Zivilsenat, Beschluß vom 23. Januar 2002, Az: 19 Sa 113/01

InsO § 2, InsO § 89 Abs 1, InsO § 89 Abs 2, InsO § 89 Abs 3, ZPO § 36 Abs 1 Nr 6, ZPO § 767

Zuständigkeitsbestimmung: Grenzen der ausschließlichen sachlichen Zuständigkeit des Insolvenzgerichts

Orientierungssatz
1. Eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts als Insolvenzgericht gem. §§ 2, 89 Abs. 3 InsO setzt voraus, daß eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme vorliegt und daß der Insolvenzverwalter die Unwirksamkeit dieser Vollstreckungsmaßnahme wegen eine Verstoßes gegen § 89 Abs. 1 oder Abs. 2 InsO rügt.

2. Zu den "Zwangsvollstreckungen" i.S.d. § 89 Abs. 1 und Abs 2 InsO gehören nur solche Maßnahmen, die unmittelbare Vollstreckungswirkungen entfalten. Die Einzelzwangsvollstreckung lediglich vorbereitende Handlungen, insbesondere Zustellungen, fallen nicht darunter.

3. Des Weiteren gilt die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts gem. § 89 Abs. 3 InsO nur für Rechtsbehelfe, mit denen die Unwirksamkeit einer Vollstreckungsmaßnahme wegen Verstoßes gegen § 89 Abs. 1 und Abs. 2 InsO gerügt wird. Damit begründet § 89 Abs. 3 InsO keine Zuständigkeit des Insolvenzgerichts für eine Vollstreckungsgegenklage.

Fundstellen
NZI 2002, 388 (red. Leitsatz und Gründe)


Langtext aus der Datenbank Rechtsprechung der Länder
Tenor

Das Landgericht Düsseldorf wird als zuständiges Gericht bestimmt.
Gründe

Der Kläger hat vor dem Landgericht Düsseldorf Vollstreckungsgegenklage gegen die Beklagte erhoben, mit der er die Unzulässigkeit einer Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 26.03.2001 in dem Rechtsstreit 2 a O 78/01 geltend macht. In diesem Verfahren hatte sich die Gemeinschuldnerin u.a. verpflichtet, einen Baukran von dem Baustellengrundstück ......... zu entfernen. Der Kläger stützt seine Klage u.a. darauf, dass die Beklagte zu einer Zwangsvollstreckung nicht mehr berechtigt sei, nachdem am 05.04.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, und er mit Schreiben vom 19.04.2001 die Erfüllung des Prozessvergleichs abgelehnt habe.

Nach vorherigem Hinweis hat sich das Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 31.10.2001 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers sowie unter Hinweis auf § 89 InsO an das Amtsgericht Düsseldorf als Insolvenzgericht verwiesen. Dieses hat sich mit Beschluss vom 06.12.2001 gleichfalls für sachlich unzuständig erklärt und dem Senat die Akten zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorgelegt.

Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das Landgericht Düsseldorf als auch das Amtsgericht Düsseldorf haben sich rechtskräftig im Sinne dieser Bestimmung für unzuständig erklärt. Zuständig für die Entscheidung ist das Landgericht Düsseldorf. Dem steht nicht dessen Verweisungsbeschluss vom 31.10.2001 entgegen. Zwar sind Verweisungsbeschlüsse grundsätzlich unanfechtbar und binden gemäß § 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO das Gericht, an das verwiesen worden ist. Die Bindungswirkung entfällt aber ausnahmsweise dann, wenn der Verweisungsbeschluss einer rechtlichen Grundlage entbehrt und sich daher als objektiv willkürlich erweist (vgl. nur Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl. 2001, § 281 Rdnr. 17 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Düsseldorf als Insolvenzgericht gemäß §§ 2, 89 Abs. 3 InsO setzt voraus, dass eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme vorliegt und dass der Insolvenzverwalter die Unwirksamkeit dieser Vollstreckungsmaßnahme wegen eines Verstoßes gegen § 89 Abs. 1 oder 2 InsO rügt. Beides liegt nicht vor.

Zu den "Zwangsvollstreckungen" im Sinne der § 89 Abs. 1 und 2 InsO gehören nur solche Maßnahmen, die unmittelbare Vollstreckungswirkungen entfalten; die Einzelzwangsvollstreckung lediglich vorbereitende Handlungen, insbesondere Zustellungen, fallen nicht darunter (Müko-Breuer, InsO, 2001, § 89 Rdnr. 30; Kübler/Prütting/Lüke, InsO, § 89 Rdnr. 12). Die von der Beklagten veranlasste Zustellung einer einfachen Ausfertigung des Sitzungsprotokolls vom 26.03.2001 an den Kläger stellt keine Vollstreckungsmaßnahme im Sinne des § 89 Abs. 1 und 2 InsO dar. Vollstreckungsschuldner des in dem Sitzungsprotokoll enthaltenen Vergleichs vom 26.03.2001 war nicht der Kläger, sondern die Gemeinschuldnerin. An diese ist allerdings die Zustellung, die ohnehin nur eine die Zwangsvollstreckung vorbereitende Handlung darstellen würde, nicht erfolgt.

Des weiteren gilt die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts gemäß § 89 Abs. 3 InsO nur für Rechtsbehelfe, mit denen die Unwirksamkeit einer Vollstreckungsmaßnahme wegen Verstoßes gegen § 89 Abs. 1 und 2 InsO gerügt wird; erfasst ist nicht nur die allein in den Gesetzesmaterialien aufgeführte Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO, sondern angesichts des weit gefassten Wortlautes der Norm alle derartigen Rechtsbehelfe (Müko-Breuer, a.a.O., § 89 Rdnr. 38; Prütting/Kübler/Lüke, a.a.O., § 89 Rdnr. 36). Dazu zählt die von dem Kläger erhobene Vollstreckungsgegenklage indes nicht. Denn sie richtet sich nicht gegen eine konkrete Vollstreckungsmaßnahme, sondern zielt auf die Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Vollstreckungstitels.

Mit all diesen Fragen hat sich das Landgericht Düsseldorf nicht auseinander gesetzt. Es wird dem Verfahren daher Fortgang zu geben haben.

05.07.05 Paschold, OGV a.D. Bad Hersfeld
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