Pfändungs- und Überweisungsbeschluss mit Herausgabeanordnung

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Moderator: Petra Bausch

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Anonymous

Pfändungs- und Überweisungsbeschluss mit Herausgabeanordnung

Beitrag von Anonymous »

Pfändungs- und Überweisungsbeschluss mit Herausgabeanordnung einer Urkunde (z.B. Steuerkarte)

I. Angeordnete Herausgabe und Wegnahme durch GV

Dass in dem Pfüb der Rechtspfleger die Herausgabe der Urkunde anordnet (z. B. der Lohnsteuerkarte), wird seit BFH in NJW 1999,1056 nur noch vereinzelt vorkommen. Möglich ist dies dennoch, wie sich aus der Entscheidung des BGH vom 12.12.2003- IXa ZB 115/03 (DGVZ 2004, 57 ff) ergibt.

Zitat:= Die Herausgabe der Lohnsteuerkarte und anderer Besteuerungsunterlagen des Schuldners an den Vollstreckungsgläubiger darf erst dann angeordnet werden, wenn der Vollstreckungsgläubiger glaubhaft macht, dass er den Besitz dieser Urkunden aufgrund einer Beteiligung an dem Verfahren zur Festsetzung der Einkommensteuern des Schuldners, eines eigenen Anspruchs oder einer eigene Klage gegen den Drittschuldner benötigt.=

Enthält der Pfüb eine Herausgabeanordnung, so gilt nach wie vor die Bestimmung in § 836 Absatz 3 Satz 3 ZPO, wonach der Gläubiger die Herausgabe auch vollstrecken lassen kann.

Die Vollstreckung erfolgt nicht nach § 888 ZPO, sondern vom Gerichtsvollzieher durch Wegnahme nach § 883 Abs. 1 ZPO. (Siehe hierzu insbesondere § 185 Buchstabe m GVGA; auch Zöller Rdn. 16 zu 836 ZPO)

(Die Ansicht des Sachgebietsleiters des Finanzamts Wetzlar/Hessen, Dr. Viertelhausen, in seiner Abhandlung in DGVZ 2003, 137 (oben rechts), der Gerichtsvollzieher müsse die Wegnahme der Lohnsteuerkarte ablehnen, dürfte überholt sein.)

Vielmehr ist es - wie bei anderen Entscheidungen auch- das ureigenste Interesse des Schuldners, ob er die Herausgabeanordnung akzeptiert oder nicht. Er kann durch eine "Erinnerung" die angeordnete Herausgabe der Lohnsteuerunterlagen überprüfen lassen. Gelegenheit dazu hat er nicht erst bei bevorstehender Wegnahme, sondern schon beim Erhalt des ihm zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, die in der Regel schon Wochen vorher erfolgt ist.

II. Die herauszugebende Urkunde war nicht aufzufinden

Im Falle der Nichtauffindbarkeit hat der Schuldner gemäss § 883 Absatz 2 ZPO

=zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Sache nicht besitze und auch nicht wisse, wo sie sich befinde.=

Der Gerichtsvollzieher hat ? wenn beantragt- den Schuldner zur Abgabe einer derartigen eidesstattlichen Versicherung zu laden.

Wahrscheinlich gibt es über die Durchführung dieses Verfahrens noch keinen Vordruck. Der Gerichtsvollzieher kann sich jedoch an einem Muster orientieren, der für die Gerichtspraxis galt, als noch der Rechtspfleger für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zuständig war. Das Muster ist abgedruckt in dem =Handbuch der amtsgerichtlichen Praxis= Band 1 b, Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen, herausgegeben von Schrader/Steinert, Ausgabe von 1981, S. 184 ? 186. (Bei den meisten Gerichten wird dieses Buch noch vorhanden sein.)

Es erscheint zweckmäßig, die einschlägigen Passagen hier wiederzugeben, zumal die Sachlage nicht nur die Steuerkarte betrifft, sondern alle Urkunden, deren Herausgabe im Pfüb angeordnet wurde.

Dass obige EV nicht in das Schuldnerverzeichnis eingetragen wird, steht in der Bundestagsdrucksache 13/ 341 S. 35 zur 2. Zwangsvollstreckungsnovelle 1998. Die Nichteintragung ergibt sich auch aus § 915 Satz 1 ZPO (Schuldnerverzeichnis). Dort ist ausdrücklich nur § 807 ZPO erwähnt.

Zur Orientierung und als Muster einer EV bei fruchtloser Wegnahme der Urkunde bitte nachstehenden Link anklicken:

http://www.paschold.us/ev-nach-fruchtlo ... rkunde.htm

11.05.2005WP
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