807 Nichterscheinen z Termin nachträgliche Attestübersendung

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Moderator: Petra Bausch

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Anonymous

807 Nichterscheinen z Termin nachträgliche Attestübersendung

Beitrag von Anonymous »

Der Schuldner der zum Termin 807 ZPO um 12.00 Uhr ein Telefax übermittelt, in welchem er behauüptet, verhandlungsunfähig zu sein und ankündigt sein Attest nachzureichen, ist hinreichend entschuldigt, so dass die Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls nicht gegeben sind.

Per Telefax erhielt der GV am Terminstage, allerdings erst um 23.00 Uhr das Attest ebenfalls per Fax.
AG Weiden idOpf (Ostbayern) vom 2.3.05 – 1 M 623/05 u 1 M 568/04 (DR 2593.04 StV)

Mehr dazu im Netz:
http://5376.rapidforum.com/topic=100983174336
http://5376.rapidforum.com/topic=100279344525
http://5376.rapidforum.com/topic=100282426038
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Diese Entscheidung dürfte nicht einschlägig sein.
Siehe auch LG Lüneburg
http://www.siegelbruch.de/LG%20Luenebur ... 025-05.pdf
Anonymous

Eingang fristwahrender Schriftsätze-rechtliches Gehör

Beitrag von Anonymous »

Ohne den Einzelfall zu kennen, ist die Frage nur allgemein mit grundsätzlichen Entscheidungen zu beantworten.

Auszüge:

BVerfG 1. Senat, Beschluß vom 3. Oktober 1979, Az: 1 BvR 726/78
GG Art 2 Abs 1, GG Art 103 Abs 1, GG Art 20 Abs 3, BGB § 188, ZP § 222 Abs 1
Leitsatz
Es ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, wenn ein Gericht den Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes in einem Zivilprozeß deshalb als verspätet ansieht, weil der rechtzeitig in die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangte Schriftsatz nicht innerhalb der Frist von dem zu seiner Entgegennahme zuständigen Bediensteten der Geschäftsstelle amtlich in Empfang genommen worden sei.
Orientierungssatz
Wahrung von Rechtsmittelfristen - Eingang bei Gericht:
Der Zugang zu den Gerichten und zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl BVerfG 4. Mai 1977 2 BvR 616/75 = BVerfGE 44, 302 (305). Insbesondere ist der Bürger berechtigt, die ihm vom Gesetz eingeräumten prozessualen Fristen bis zu ihrer Grenze auszunutzen (vgl BVerfG 11. Februar 1976 2 BvR 652/76 = BVerfGE 41, 323 (328). Etwaige Fristversäumungen, die auf Verzögerungen der Entgegenahme der Sendung durch das Gericht beruhen, dürfen ihm nicht angelastet werden.
Fundstellen
BVerfGE 52, 203-214 (Leitsatz 1 und Gründe)



BGH 4a. Zivilsenat, Urteil vom 3. Juni 1987, Az: IVa ZR 292/85
ZPO § 553, AKB § 10 Abs 5
Leitsatz
1. Gibt ein Gericht auf seinen Briefbögen die Telex-Nummer der Fernschreibstelle einer anderen Justizbehörde an, so ist ein an dieses Gericht gerichtetes Rechtsmittel fristgerecht eingelegt, wenn es innerhalb der Rechtsmittelfrist bei der Fernschreibstelle eingeht, auch wenn es von dieser erst nach Fristablauf an das Rechtsmittelgericht weitergeleitet wird.
2. Eine fernschriftlich übermittelte Rechtsmittelschrift ist in dem Zeitpunkt eingegangen, in dem sie im Empfängerapparat ausgedruckt wird, auch dann, wenn dieser Zeitpunkt nach Dienstschluß liegt und die Fernschreibanlage nicht besetzt ist (im Anschluß an BVerfG, 3. Oktober 1979, 1 BvR 726/78, BVerfGE 52, 203).

3. Die Kündigung des Versicherungsvertrages beendet als solche die Regulierungsvollmacht des Haftpflichtversicherers nicht.
4. Auch nach der heutigen Rechtslage ist der Kfz-Haftpflichtversicherer kraft Gesetzes berechtigt, im Namen der mitversicherten Personen die ihm zur Befriedigung und Abwehr der vom Geschädigten erhobenen Ansprüche zweckmäßig erscheinenden Erklärungen abzugeben (im Anschluß an BGH, 23. Oktober 1958, II ZR 54/57, BGHZ 28, 244).

5. Seit der Einführung der Direktklage ist der Kfz-Haftpflichtversicherer nicht mehr berechtigt, Versicherte, denen gegenüber er leistungsfrei ist, bei den Regulierungsverhandlungen zu vertreten (Abgrenzung BGH, 23. Oktober 1958, II ZR 54/57, BGHZ 28, 244).

Fundstellen
BGHZ 101, 276-285 (Leitsatz 1-5 und Gründe)



BGH 12. Zivilsenat, Urteil vom 21. Januar 2004, Az: XII ZR 214/00
BGB § 127, BGB § 130 Abs 1 S 1

Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber in dessen Abwesenheit abzugeben ist, wird in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Zugegangen ist eine Willenserklärung dann, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, daß dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1997 - VIII ZR 22/97 - NJW 1998, 976, 977; BAG, Urteil vom 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - NJW 1989, 606; BGHZ 67, 271, 275; MünchKomm/Einsele aaO § 130 Rdn. 9; Staudinger/Rolfs BGB - Neubearbeitung 2003 - § 542 Rdn. 29). Willenserklärungen, die durch Fernschreiben oder ein Telefax übermittelt werden, gehen grundsätzlich mit Abschluß des Druckvorganges am Empfangsgerät des Adressaten diesem zu (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93 - NJW 1995, 665, 667; BGHZ 101, 276, 280; MünchKomm/Einsele aaO § 130 Rdn. 20). Allerdings ist der Zugang erst dann vollendet, wenn die Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist. Daher ist auch bei einer Übermittlung per Telefax auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sich der Empfänger nach den Gepflogenheiten der Verkehrsanschauung Kenntnis vom Inhalt der Willenserklärung verschaffen konnte (vgl. BGHZ 67 aaO 275; OLG Rostock, NJW-RR 1998, 526, 527; Soergel/Hefermehl BGB 13. Aufl. § 130 Rdn. 8, 13 b, 13 c; MünchKomm/Einsele aaO § 130 Rdn. 20).

. Das Berufungsgericht hat verkannt, daß die objektive Möglichkeit zur Kenntniserlangung im abstrakten Sinn zu verstehen ist und daher für den Zugang der Kündigung eine tatsächliche Kenntnisnahme des Klägers nicht erforderlich war. Es genügt, daß die Willenserklärung in den Bereich des Empfängers gelangt ist und zwar so, daß sie üblicherweise - nicht zufällig - alsbald wahrgenommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1997 aaO 977; Soergel/Hefermehl aaO § 130 Rdn. 8). Hierbei hat der Empfänger die Risiken seines räumlichen Machtbereiches zu tragen. Führen diese dazu, daß der Empfänger vom Inhalt der Willenserklärung entweder verspätet oder gar nicht Kenntnis nimmt, sind diese dem Empfänger zuzurechnen, wenn die Erklärung in seinen räumlichen Machtbereich gelangt ist. Daher geht eine Willenserklärung auch dann zu, wenn der Empfänger durch Krankheit oder - wie hier - durch Urlaub daran gehindert ist, von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. In diesem Fall trifft den Empfänger die Obliegenheit, die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Unterläßt er dies, so wird der Zugang durch solche - allein in der Person des Empfängers liegenden - Gründe nicht ausgeschlossen (vgl. BAG, Urteil vom 16. März 1988 aaO 607; MünchKomm/Einsele aaO § 130 Rdn. 35; Soergel/Hefermehl aaO § 130 Rdn. 11).

Anonymous

807 Nichterscheinen z Termin nachträgliche Attestübersendung

Beitrag von Anonymous »

ergänzend nachgetragen:


a) aus
http://5376.rapidforum.com/topic=100279344525

DGVZ: 99/S. 116
Gericht: OLG KARLSRUHE AZ: 4 W 151/98
Datum: Beschl. vom 23.2.99
Dm Erlass des Haftbefehls nch 901 ZPO kommt eine eigenständige Funktion im System der zur Bewirkung der EV nach dem Gesetz vorgesehenen Zwangsmittel zu. Sein Erlass setzt daher die Haftfähigkeit des Schuldners nicht voraus. Die Haftunfähigkeit des Schuldners steht nur der Vollstreckung des Haftbefehls entgegen.

DGVZ: 5/79 S.78
Gericht: AG Kiel AZ: 20 M 6943/76
Datum: Beschl. vom 22.1.1979
Haftunfähigkeit des Sch hindert nicht die Anordnung der Haft, wohl aber ihre Vollstreckung. Eine Verhaftung des haftunfähigen Sch nur zur Vorführung bei Gericht ist nicht zulässig.

mitgeteilt von OGV Bontempi in gv2000 (teilw in vorstehenden Beiträgen schon zitiert):

Thüringer Oberlandesgericht 6. Zivilsenat, Beschluß vom 13. März 1997, Az: 6 W 131/97
ZPO § 337, ZPO § 900, ZPO § 901, ZPO § 906
Befreiung des Vollstreckungsschuldners von der Pflicht zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung wegen Krankheit
Orientierungssatz
1. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Wahrnehmung eines Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung für den Schuldner zu einer Gesundheitsgefährdung führen kann, ist ein strenger Maßstab anzulegen.
2. Selbst Haftunfähigkeit im Sinne von ZPO § 906 schließt keineswegs eine Verpflichtung, die Offenbarungsversicherung abzugeben, aus.
Der Termin zur Abgabe dieser eidesstattlichen Versicherung kann durchaus in der Wohnung des Schuldners oder auch im Krankenhaus durchgeführt werden.
3. Ein ärztliches Zeugnis muß deshalb diese Möglichkeit ausdrücklich ausschließen und konkret und nachvollziehbar begründen, weswegen und in welcher Art Gesundheitsschäden für den Schuldner zu erwarten
sind.
Privatärztlichen Attesten kommt dabei nur eine vorläufige Beweisfunktion zu. Sie rechtfertigen allenfalls eine Vertagung des Termins mit der Auflage, ein amtsärztliches Zeugnis beizubringen.

KG Berlin 1. Zivilsenat, Beschluß vom 15. Dezember 1992, Az: 1 W 3524/92
AO § 284 Abs 7, ZPO § 233, ZPO § 901
Eidesstattliche Versicherung: Ausreichende Entschuldigung des Ausbleibens des Schuldners im Offenbarungstermin
Leitsatz
1. Das Ausbleiben des Schuldners im Offenbarungstermin (ZPO § 901 oder AO § 284 Abs 7) ist in entsprechender Anwendung des ZPO § 233 jedenfalls dann ausreichend entschuldigt, wenn für den (hier wegen Auslandsaufenthalts)
auch längere Zeit vorhersehbar ortsabwesenden Schuldner keine konkreten Anhaltspunkte für die Einleitung des Offenbarungsverfahrens bestanden, und er wegen seiner Ortsabwesenheit keine rechtzeitige Kenntnis
von der Ladung zum Offenbarungstermin erlangt hat. Der in Unkenntnis dieses Sachverhalts erlassene Haftbeschluß ist grundsätzlich nicht nur außer Vollzug zu setzen, sondern aufzuheben.
Fundstellen
OLGZ 1993, 358-362 (Leitsatz und Gründe)

OLG Hamm, Beschluß vom 13. Januar 1975, Az: 14 W 67/74
ZPO § 900, ZPO § 901
Vollstreckungshaftbefehl - Aufhebung bei Entschuldigung
Sonstiger Orientierungssatz
1. Ist im Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Haftbefehl gegen den Schuldner ergangen und macht der Schuldner später glaubhaft, daß er von dem anberaumten Termin ohne sein Verschulden
keine Kenntnis erlangt hatte, so ist der Haftbefehl auch dann aufzuheben, wenn der Schuldner sich nicht gegen seine Verpflichtung zur Abgabe der Versicherung wendet (Entgegen LG Koblenz, 30. Juni 1984,
4 T 215/64, MDR 1964, 1014).
Fundstellen
MDR 1975, 939-940 (red. Leitsatz 1 und Gründe)
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