Gedanken eines Rechtsanwalts zur Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens

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Moderator: Petra Bausch

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Anonymous

Gedanken eines Rechtsanwalts zur Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens

Beitrag von Anonymous »

Folgenden Beitrag eines Rechtsanwalts habe ich in einem anderen Forum (Rechtspflegerforum) gefunden und denke, dass er es wert ist, hier eingestellt zu werden:

Zitat:
Ich glaube manchmal, dass es ausgerechnet die Justizminister sind, die von Justiz und wie die funktioniert die geringste Ahnung haben.

Vor 20 Jahren sah man alle Vierteljahr hier in der Zeitung noch Ankündigungen der hiesigen Gerichtsvollzieher, die dies und das versteigert haben.

Seit Jahren habe ich keine derartige Ankündigung mehr gelesen.
Wenn es ein GVer schafft, einem Privatmenschen was wegzunehmen oder ihn zur Zahlung zu überreden, hat er sein äusserstes gegeben und ist auf jemanden gestoßen, der noch nicht von der Erfahrung geprägt ist:


Ist der Ruf erst ruiniert, lebt´s sich gänzlich ungeniert.

Ich bekomme bei 20 Honorarklagen jährlich und den nachfolgenden Vollstreckungen allenfalls 1 x Geld auf dem Weg über den Gerichtsvollzieher, im übrigen erst über die Strafanzeige wegen Eingehungsbetruges und nachfolgende Anklageerhebung, Einstellung nach § 153a StPO gegen die Auflage der Schadensbegleichung.

"Gläubiger müssen ihre Forderungen zügig vollstrecken können. Eine schnelle Zwangsvollstreckung ist ein wesentlicher Standortfaktor und stärkt die Wirtschaft. Nach dem Gesetzentwurf können Gläubiger innerhalb eines Landgerichtsbezirks frei wählen, welchen Gerichtsvollzieher sie mit der Vollstreckung beauftragen. Wir sind zuversichtlich, dass der Wettbewerb im Gerichtsvollzieherwesen zur Effizienzsteigerung im Vollstreckungsbereich führen wird", erklärte der Hessische Justizminister Jürgen Banzer (CDU) die Intention für den Gesetzentwurf."

Wenn ich dieses ebenso hochtrabende wie weltfremde Gesabbere höre, kann ich nicht mehr so viel essen, wie ich kotzen möchte. Nicht die Geschwindigkeit ist es heute, woran es mangelt: Es ist neimand da, bei dem mit Aussicht auf Erfolg vollstreckt werden kann.

Die Dinge fingen in den Siebzigern an, schief zu laufen. In "diesem unserem Lande" wurde unter der SPD Herrschaft der Gläubiger zum kapitalistischen Monster, und der Schuldner, der die Leistung des anderen ja eingesteckt hat, zum armen Verfolgten, der geschützt werden musste.

Ging man bis dahin davon aus, dass ein Richter, der den Beklagten zur Zahlung verurteilt hat, damit zugleich auch gesagt hat, der Mann habe zu zahlen, und es sei gestattet, ihm das Geld notfalls) über Gerichtsvollzieher, selbstvertsändlich) mit Gewalt wegzunehmen, bedeutet ein Zahlungurteil heute: Wasch ihm den Pelz, aber mach ihn nicht nass. Es wurde zuerst mal die Hausdurchsuchung verboten. Nun weiss der Schuldner, dass der GVer mit Durchsuchungsbeschluss zurück kommt, und hat alle Zeit der Welt, den echten Teppich bei Oma unterm Sofa zu verstecken.

Dann wurden die Pfandfreibeträge so oft und so hoch angehoben, dass ein Facharbeiter, verheiratet mit zwei Kindern, unpfändbar ist. (€ 1799,00, wer hat die in unserem Lande schon?)

Das Insolvenzrecht ist eine Einladung für die intelligenten Schuldner, einige Jahre gut zu leben, immer an der Grenze des Betruges vorbeizuschrappen, und am Ende Restschuldbefreiung zu ergattern. Ist die A-GmbH inolvent, macht man mit Hilfe der Freundin die B-GmbH auf, oder noch besser, die private Ltd. mit Sitz in Southampton, und wenn die vor der Pleite steht, verlegt man deren Sitz nach Marbella, wo ehemalige Anwälte als Firmenbestatter das spanische Inolvenzverfahren anleiern. Amen. So what?

Wo lebt der hessische Justizminister, wenn er die effiziente Vollstreckung als Standortfaktor und damit wichtig für die Wirtschaft ansieht?

Da war 1990 bis 2000 was dran, soweit Teile Ostdeutschlands betroffen waren, Halle an der Saale und Berlin ganz vorne dran, wo nichts funktionierte. (In Berlin bis heute nicht)

Wenn ich für ein Unternehmen € 6.000,00 oder € 60.000,00 vollstrecken will, dann schicke ich doch nicht den Gerichtsvollzieher, gehe ganz gewiss nicht per Mobiliarvollstreckung vor: Dann mache ich die Konten dicht, pfände per PfüB, und der ist nur zuzustellen. Dafür braucht es keinen Gerichtsvollzieher, das könnte auch der Wachtmeister.

Und wenn ich das tue, und ich war erfolggreich, dann muss ich das gute Geld mal einige Zeit beiseite legen: Wenn nämlich der Schuldner jetzt in die Insolvenz trudelt, dann verlangt der Inso-Verwalter das ganze gute Geld wegen inkongruenter Befriedigung wieder heraus.

Vollstrecken in Deutschland ist ein einziges Elend, das nur noch unter dem Druck des Strafrechts effizient funktioniert: Die Unterhaltsschuldner bekomme ich nur über den § 170 StGB zur Zahlung, aber doch nicht mit Hilfe des Gerichtsvollziehers. Die Schuldner schlagen sich vor Vergnügen auf die Schenkel.

Privatisierung:
Das sehen wir in den Niederlanden. Die Deurwaarders dort sind als GmbH organisiert (B.V.) und erklären ohne rot anzulaufen: Sie verdienen ihr Geld in erster Linie als Inkassounternehmen, und bedienen deshalb die Kunden, die ihnen den Forderungseinzug komplett übertragen, als erstes und bevorzugt.

Vollstreckungsaufträge machen nur Ärger und Verdruß, und deshalb bleiben die liegen, bis mal Zeit ist, und das dauert selbst bei den Deurwaarders, mit denen man ständig zusammen arbeitet, Jahre. Beim nächsten mal wird man gleich Inkassokunde.

Und das ist richtig teuer.

Wenn man das Vollstrecken effizienter machen wollte, sollte man den Schuldnerschutz radikal zurückschneiden, wieder wegkommen von der Vorstellung, Verträge müssten nicht eingehalten werden, weil man ja alle Schulden über die Restschuldbefreiung los wird. Man sollte - ich überteibe ein wenig - über die Einführung der Prügelstrafe nachdenken, und ein elektronischen Pranger, wo Mietnomaden, professionelle Schuldner, Betrüger, öffentlich bekannt gemacht werden, so dass kein Händler oder Handwerker mehr auf sie reinfällt und die Kerle oder Mädels mit dicken erschwindelten Autos kein Vorbild mehr für die anderen sind.

Freiberufliche Gerichtsvollzieher als Garant effizienten Vollstreckens und als Standortfaktor für die Wirtschaft: Da lachen die Hühner. Der Mann in Hessen weiß nicht, wovon er spricht.

Er sollte mal vier Wochen Praktikum in meiner Kanzlei machen und dann zwei Wochen mit einer der hiesigen Gerichtsvollzieherinnen Dienst tun.

In Wirklichkeit geht es nur um eines: Es soll mal wieder gespart werden, und das Gewäsch dient als "Verkaufsargument" für die Dummen, zu denen ich mitlerweile auch einen guten Teil der Journalisten rechne, die schreiben, ohne zu recherchieren, worüber sie schreiben.

Wenn man der Wirtschaft helfen wollte, müsste man was ganz anderes machen:

Die Niederländer sagen: Wenn ein Kaufmann behauptet, dass ein anderer ihm was schuldet, wird was dran sein, und wenn er das einigermassen plausibel belegen kann, dann erlassen wir in 24 Stunden eine Anordnung, ein kort geding, wonach der Schuldner zahlen muss.

Und wenn der Schuldner weiss, dass er schuldet, und dass sein Gläubiger innerhalb kürzester Frist - 24 Stunden - gegen ihn vollstrecken kann, dann wird er nicht zum säumigenSchuldner.

Deshalb kommen die Niederländer mit so wenigen Richtern aus.

Und bei uns? Da begegnen wir dem Kläger erst mal mit äusserstem Misstrauen: Da könnte ja jeder kommen und behaupten, er hätte € 100.000 zu bekommen. Und hat er nach einem Jahr ein Urteil, muss er vor dem Vollstrecken noch Sicherheit leisten, diener nicht hat, weil so viele Schuldner nicht zahlen. Er gewinnt auch die zweite Instanz, und dann geht sein Schuldner in die Insolvenz.

Das ist es, was die niederländischen Kaufleute beispielsweise nicht verstehen können, dass man nicht denen Vertrauen entgegenbringt, die die Wirtschaft ziehen, sondern die schützt, die die Wirtschaft beschädigen.

Mein Kunde, der nicht zahlt, ist nicht nur mein Feind, sondern auch der meiner Angstellten. und der des Bäckers meiner Angstellten.

Die überzogene Schonung der Schuldner ist in Deuschland das Problem, nicht die Frage, ob Gerichtsvollzieher durch Creditreform ersetzt werden sollen.

Das ist überall so, auch im Strafrecht: Alle Welt macht sich Sorgen um die Täter, denen wird der Hintern gecremt und gepudert, und um die Opfer kümmert man sich verbal drei Tage lang; wenn ein Verletzter dann auch noch den Strafrichter in der Hauptverhandlung mit einer Adhäsionsklage auf Schmerzensgeld belästigt, muss er Glück haben, wenn er vom Richter nicht aus dem Saal geworfen wird. Wann hätte einer von Euch die letzte PKH-Abrechnung aus einem solchen Adhäsionsverfahren bearbeitet?

Opfer: das sind immer die Schuldner, die Täter: Und der Waschmaschinenhändler, der der armen jungen Frau eine Waschmaschine verkauft hat und die nicht bezahlt bekommen hat, ist selbst schuld: Er hat die junge Frau doch in die Falle des Konsums tappen lassen, schlechter Mensch, der.

Ich muss aufhören, sonst brauche ich doch noch den eingangs erwähnten Eimer.
Anonymous

AW: Gedanken eines Rechtsanwalts zur Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens

Beitrag von Anonymous »

Entnommen dem Forum GV 2000:
Teil 1

Neue Richtervereinigung
Zusammenschluss von Richterinnen und Richtern, StaatsanwAltinnen und Staatsanwäflen e.V.


Frau Bundesjustizrninisterjn
Brigitte Zypries
Bundesministerium der Justiz
Mohrenstraße 37
10117 Berlin



Betr.: 833. Sitzung des Deutschen Bundesrates am 11.5.2007
Gesetzesentwürfe BR-Ds. 149/07 und 150/07


Sehr geehrte Frau Bundesjustizministerin Zypries,
Berlin, den 3.5.2007

auf der Tagesordnung seiner 833. Sitzung am 11.5.2007 berät der Bundesrat unter anderem
einen Entwurf der Länder Niedersachsen, Baden-Württemberg, Hessen und Mecklenburg-
Vorpommern zur Änderung des Grundgesetzes und einen Entwurf zu einem Gesetz zur
Reform des Gerichtsvollzjeherwesens.


Die Neue Richtervereinigung (NRV) spricht sich dezidiert gegen diese
Gesetzgebungsvorhaben aus. Die beabsichtigte Reform verstößt gegen das Grun~gesetz,
wenn sie die unmittelbare Ausübung staatlicher Gewalt auf Private übertragen will. Die
Reform ist wirtschaftlich schädlich, unsozial und (rechts-)politisch untunlich. Aus folgenden

Gründen:

1. Das Reformvorhaben ist verfassungswidrig. Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes sagt es
eindeutig: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und
Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt
und der Rechtsprechung ausgeübt.“ Von Privaten, die zur Gewaltausübung befugt sein sollen,
ist dort nicht die Rede. Insbesondere, wenn es sich um unmittelbare Staatsgewalt handelt, die
aus guten Gründen im Staatsmonopol bleiben muss: Etwa die Durchsuchung von
Wohnungen, ihr gewaltsames Öffnen und das Brechen von Widerstand dagegen (~ 758 ZPO),
die Räumung von Wohnungen (~ 885 ZPO) oder die Verhaftung nach § 909 ZPO. All dies
sind Aufgaben von Gerichtsvollziehern. Und diese sollen nach den Reformentwürfen künftig
nicht mehr verbeamtete Justizangehörige sein, sondern private, im Wettbewerb zueinander
stehend Tätige.


2. Politisch ist das Reformvorhaben untunlich. Wirtschaftlich ist es schädlich.

a) Es ist schlicht nicht nachvollzjehbar~ wie in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs und
zunehmender Staatseinnahmen eine gut funktionierende Staatsgewalt, nämlich die Justiz,
immer weiteren Sparmaßnahmen unterworfen werden soll. Das Funktionieren einer
ordentlichen Justiz kostet tatsächlich Geld — im Verhältnis zu den Gesarnthaushalten der
Länder und des Bundes handelt es sich jedoch nach Abzug der Einnahmen stets um marginale
Größen im Verhältnis zu den Gesamthaushalten, Hier noch weiteren Sparbedarf zu
konstruieren, zeugt von einem fragwürdigen demokratischen Bewusstsein: Die
Gewaltenteilung, also das Vorhandensein funktionsfähiger und entsprechend ausgestatteter
Gewalten ist ein tragendes Verfassungsprinzip.

b) Es ist den Bürgerinnen und Bürgern kaum zu vermitteln, dass sie zunächst den
Justizweg mit den dort aufgestellten Regeln zu beschreiten haben, um für offene Forderungen
gegen ihre Schuldner einen vollstreckbaren Titel zu erwirken. Anschließend dann diesen Titel
möglicherweise unter Anwendung der gesetzlich daftir eröffneten Gewalt — von einem
Privaten vollstrecken lassen sollen, wie es die Reform des Gerichtsvollzieherwesens vorsieht.
Bereits heute nimmt die Anzahl illegaler und oftmals brutaler „privater
Vollstreckungsdienste“ zu, dies wird auch künftig weiter der Fall sein. Namentlich deshalb,
weil die Kosten für die Vollstreckung nach dem Reformvorhaben um mehr als das Dreifache
steigen werden.
Anonymous

AW: Gedanken eines Rechtsanwalts zur Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens

Beitrag von Anonymous »

Teil 2

c) Tatsächlich sollen die Zwangsvollstreckungskosten durch die — für die Reform
notwendige Gebührenerhöhung um den Faktor 3,13 steigen. Allerdings nur im Durchschnitt.
Bei der Einzelberechnung kommt es zu deutlich gravierenderen Unterschieden zu der
bisherigen

Gebührenhöhe:

- So werden Vollstreckungskosten für die Räumung einer Wohnung — ohne
Speditionskosten - nach dem Entwurf in Höhe von 828,24 Euro anfallen, ausgehendvon einer
Jahresmiete in Höhe von 8.400,00 Euro. Bislang waren es lediglich 120,00 Euro Gebühren.
Während bei einer Pfändung eines PKW und dessen Verwertung in Höhe von 10.000,- Euro
(offene Forderung: 15.000,- Euro) vormals lediglich 60,00 Euro Gebühren anfielen, verbleiben
dem Gläubiger nunmehr nur noch 9.258,26 EuroVerwertungserlös: es fallen insgesamt fast
750,00 Euro Gebühren an.


Lediglich das Kostenrisiko bei fruchtlosem Volistreckungsversuch und anschließender
Abnahme einer Eidesstattlichen Versicherung steigt „nur“ um etwa das Dreifache: Es
soll für die Gläubiger künftig bei 116,33 Euro liegen, bislang betrug es lediglich 42,50
Euro. Den Bürgerinnen und Bürgern allerdings zu vermitteln, dass sie flIr dieses

„Vollstreckungs-Nichts“ künftig deutlich mehr als 100,00 Euro zu zahlen haben
werden, ist nicht einfach.


Dass eine solche Erhöhung des Gebührenaufkommens zudem wirtschaftlich schädlich ist,
liegt auf der Hand. Insbesondere kleinere Werkunternehmer, die ohnehin zum Teil mit
geringen Gewinnmargen arbeiten, dürften — nach glücklicher Titulierung offener
Forderungen im Wege der Zwangsvollstreckung kaum mehr eine Kostendeckung erreichen.


d) Selbstverständlich ist es — nach den spürbaren Sozialreformen der letzten Jahre —
sozialpolitisch schlicht untragbar, sozial schwache Schuldner letztlich auch noch mit den
erhöhten Vollstreckungskosten zu belasten. Auch wenn zunächst die Gläubiger infolge
höherer Gebühren Mindereinnahmen verzeichnen werden, so bleiben doch zuletzt die
Schuldner auch Kostenschuldner. Der Entwurf verhält sich nicht dazu, inwieweit durch die
erhebliche Steigerung der Vollstreckungskosten, gerade auch im Bereich der typischerweise
nur sozial Schwache treffenden Wohnungsräumung soziale Schieflagen weiter befördert und
schlimmstenfalls noch mehr Bürgerinnen und Bürger in die Privatinsolvenz getrieben werden
könnten.


3. Die mit der Reform beabsichtigten Wirkungen, nämlich einmal eine wesentliche finanzielle
Entlastung der (Justiz-) Haushalte und zum anderen eine Effektivierung des
Vollstreckungswesens, dürften sich durch die Reform nicht verwirklichen.

a) Dabei ist bereits fraglich, ob das Zahlenmaterial, das zur Grundlage der Begründung
herangezogen wird, tatsächlich belastbar ist. Es handelt sich um Erhebungen aus dem Jahre
2002, also nicht um aktuelle Zahlen. Die im Jahre 2002 zugrunde gelegten Zahlen sind zudem
in erheblichem Umfang lediglich Schätzwerte (Personaldurchschnittskosten, geschätzte 20%
Ausbildungs- und Aufsichtskosten). Schließlich werden die zum Nachweis des
Reformbedarfes herangezogenen 20% der Besoldungskosten ftr Ausbildung und Kontrolle
nicht als auch künftig zu erwartende Kosten berücksichtigt.


b) Die Kosten der Reform für die öffentliche Hand, namentlich für die Justizhaushalte sind
nicht überschaubar: Zum einen ist nicht hinreichend exakt bezifferbar, in welchem Umfang
die Justizhaushalte durch erhöhte Prozesskostenhilfe belastet werden. Höhere
Vollstreckungsgebühren bedeuten auch höhere Prozesskostenhilfe-Ausgaben.

Der Fiskus insgesamt wird durch den Wegfall des Kostenprivilegs künftig selbst Schuldner
von Gerichtsvollziehergebühren werden. Die Aussicht des Entwurfes, etwaige Zustellungen
durch eigenes Personal vornehmen zu lassen zur Kostenminderung, steht auf tönernen Füßen:
Dieses Personal wird derzeit bundesweit abgebaut, das verbleibende Personal hat anderes, für
die eigentlichen staatlichen Aufgaben dringlicheres zu tun. Schließlich übergeht der Entwurf
die bei den Justizhaushalten verbleibenden Kosten für Ausbildung und Aufsicht.


c) Eine spürbare Effizienzsteigerung wiederum dürfte durch die Umsetzung des Entwurfes
nicht zu erzielen sein: Bereits jetzt bestehen für Gerichtsvollzieher finanzielle
Leistungsanreize. Wie — ohne personelle Aufstockung — bei bereits jetzt bestehender hoher
Belastung der Gerichtsvollzieher lediglich eine Privatisierung zu höheren Leistungen führen
soll, ist nicht nachvollziehbar.


Die NRV bittet Sie daher, die Einbringung der Entwürfe beim Deutschen Bundestag
abzulehnen.
Anonymous

AW: Gedanken eines Rechtsanwalts zur Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens

Beitrag von Anonymous »

Presseerklärung vom 04.05.2007


Presseerklärung: Keine privaten Vollstrecker!

Der Bundesrat berät am 11.5.2007 über Gesetzentwürfe der Länder Niedersachsen,
Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-vorpommern, mit denen diese das
Gerichtsvollzieherwesen in Deutschland privatisieren wollen. Die Neue
Richtervereinigung (NRv) hat sich heute gegenüber den 3ustizministern der Länder
und des Bundes dezidiert gegen dieses verfassungswidrige Vorhaben ausgesprochen
(vgl. Anlage).

Wird Realität, was die genannten Länder planen, dann werden künftig die Kosten
für Gerichtsvollzieher explodieren: Handwerker beispielsweise, die glücklich
einen PKW bei ihrer~ säumigen Auftraggebern haben pfänden und gegen 10.000 Euro
versteigern lassen, werden künftig nur noch ca. 9.250 Euro von dem
Versteigerungserlös zu sehen bekommen: 750 Euro sollen beim Gerichtsvollzieher
bleiben — bislang wären das nur 60 Euro gewesen.

Dass der Entwurf das Gewaltmonopol des Staates aufhebt und damit
verfassungswidrig ist, wenn künftig Private Wohnungen durchsuchen können sollen,
Widerstand dagegen auch mit Gewalt unterbinden, Wohnungsräumungen und sogar
Verhaftungen vornehmen können sollen, nehmen die vier Länder offenbar zu reinen
Sparzwecken hin.

Wilfried Hamm, Sprecher der NRV:
„Eine gut funktionierende Justiz soll mit solchen Gesetzesvorhaben kaputt
gespart werden und dies in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs. Noch höhere
Kosten für die Zwangsvollstreckung bedeuten auch immer die Gefahr, dass illegale
Forderungseintreiber Zulauf erhalten. Und nach den harten Sozialreformen nun
auch noch sozial Schwache mit erheblich höheren Vollstreckungskosten zu
belasten, ist schlicht unsozial.“


Ansprechpartner:
Wilfried Hamm
Dr. Mario Cebulla
Antworten