Zweitausfertigung bei abgeschriebenem Titel

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Moderator: Petra Bausch

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Anonymous

Zweitausfertigung bei abgeschriebenem Titel

Beitrag von Anonymous »

Wer kann mir bei folgendem Problem auf die Sprünge helfen: GV vollstreckt gegen meinen Mandanten aus Titel, Mandant zahlt. Titel wird abgeschrieben und an Schuldner zurückgegeben. Jetzt merkt GV, daß er vergessen hat, eine Gebühr des RA mit zu vollstrecken. Da der Titel aber schon ausgehändigt wurde, beantragt GL-Vertreter eine Zweitausfertigung und erteilt erneuten ZV-Auftrag über die vergessene Gebühr. Zulässig? Wo bleibt der Vertrauensschutz des Schuldners in einen einmal abgeschriebenen Titel?
Theo Seip
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Beitrag von Theo Seip »

Dem Vertrauensschutz des Schuldners steht der Vertrauensschutz des Gläubigers bzw. seines Anwaltes auf
Beitreibung der Gesamtforderung nebst Kosten gegenüber.

Durch die irrtümliche Aushändigung des Schuldtitels ist der hierbei - offenbar unstreitig - nicht berücksichtigte Kostenanspruch des Gläubigers nicht untergegangen. Der rechnerische Nachweis, dass ihm aus dem Titel noch ein Anspruch zusteht, reicht zur Erteilung einer Zweitausfertigung aus (OLG Hamm, Rpfl. 1979, S. 431). Als Alternative kommt für den Gläubiger die Möglichkeit in Betracht, wegen den noch offen stehenden Vollstreckungskosten die Kostenfestsetzung gem. § 103 f. ZPO beantragen (LG Hechingen, DGVZ 1994, S. 117).
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Da davon auszugehen ist, dass die Zahlung des Schuldner nach § 367 BGB verrechnet wurde ist faktisch ja auch noch ein (weiter verzinslicher) Teil der Hauptforderung offen!
Die weitere Vollstreckbare Ausfertigung kann (und sollte m.E. nach auch) allerdings auf die Restforderung beschränkt werden (s. Zöller, 23. Auflage, RdNr. 5 zu § 733 ZPO.
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Wenn auch - so jedenfalls nach dem Eingangsbeitrag- der Titel an den Schuldner ausgefolgt worden ist, erscheint es sachdienlich, auf folgendes hinzuweisen:

Bei der Titelabschreibung handelt es sich im den Teilleistungsvermerk gemäß § 757 Abs. I (2. Halbsatz) ZPO.
1.) Weder die ZPO in § 757 noch die Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher in § 106 Nr. 6), bestimmen einen Text über den Teilleistungsvermerk. Es ist daher auch nicht verwunderlich, wenn die Gerichtsvollzieher mehr oder weniger nach eigenen Gutdünken einen Vermerk schreiben.

2.) Bedenklich wird diese Handhabung, wenn der Vermerk den Titelhauptsachebetrag verkürzt, z. B. durch die Formulierung: =Dieser (oder der vorstehende) Titel gilt nur noch in Höhe von... DM= . Diese Formulierung ist eine unzulässige Änderung der Höhe des Titels.
Diese - oder eine ähnliche - Formulierung kann auch nicht richtig sein, weil sie schon dem Gesetzestext des § 757 I ZPO nicht entspricht: =Der Gerichtsvollzieher hat (...) bei teilweiser Leistung diese auf der vollstreckbaren Ausfertigung zu vermerken(...)=
Hiernach soll nichts weiter als die Höhe des a u s g e z a h l t e n Teilzahlungsbetrages vermerkt werden.

3.) Deutlich führte dies Noack in: Die Pfändungsvollstreckung, 1961, aus:

(...)=Die Quittung hat sich nicht darüber auszulassen, in welcher Höhe die Forderung noch besteht.=(S. 271)
(...)Unzulässig ist ein Hinweis auf dem Titel, daß noch ein bestimmter Restbetrag geschuldet wird. Der Vermerk hat sich auf Angabe der Teilleistung zu beschränken.=(S. 276).

4.) LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 24.01.91- 2 T 1/91- (DGVZ 1991, 117): Es gehört nicht zu den Amtspflichten des GV, die nach einer teilweisen Leistung verbleibende Restforderung auf dem Schuldtitel festzustellen. Er hat lediglich die von ihm eingezogenen und an den Gläubiger abgeführten Beträge auf dem Schuldtitel zu vermerken.
Aus den Gründen: Nach Teilleistungen vermerkte ein früher beauftragter Gerichtsvollzieher am 5.3.88 auf diesem Titel: =Unter Verrechnung sämtlicher Zahlungen hat vorstehender Titel noch Gültigkeit über 475,- DM zzgl. 9 % Zinsen ab 1.3.88.= Am 23.5.90 beauftragte der Gläubiger unter Hinweis auf den Vermerk einen anderen GV mit der Zwangsvollstreckung wegen der Restforderung. Dieser weigerte sich, weile eine Forderungsberechnung fehle. (...)

5.) Folgender, in der Praxis der Gerichtsvollzieher verwendeter Wortlaut =Auf diesen Schuldtitel sind durch (Versteigerung).....DM zur Hebung gelangt= ist durch das KG Berlin nicht beanstandet worden (DGVZ 1956 S.55).

6.) Keine Berichtigung oder Änderung des Teilleistungsvermerks
Der Gerichtsvollzieher darf den Teilleistungsvermerk nicht ändern.
a) AG Frankfurt/Main, Beschl. v. 12. 10. 73, DGVZ 1974, 15 ff:
(...) =Der Versteigerungserlös wurde - nach Abzug der entstandenen Kosten - auf 12.205,69 DM beziffert, um den der Gerichtsvollzieher auch den Schuldtitel berichtigte. Die Gläubigerin überwies zur Befriedigung der Bank einen Betrag von 10.400,00 DM, und macht als Erinnerungsführer geltend, daß der Titel nur um 1.805,69 DM zu berichtigen sei, da er ja nur diesen Betrag nach Befriedigung der Bank als Reinerlös aus der Zwangsversteigerung erhalten habe. Der Gerichtsvollzieher sieht(...) keine Veranlassung, die vom Gläubiger an die Bank geleistete Zahlung in Betracht zu ziehen. Die Erinnerung ist unzulässig, da die Vollstreckungsmaßnahme schon beendet ist.(...) Wozu der Gläubiger den Zwangsvollstreckungserlös verwandte, ist für die abgeschlossene Zwangsvollstreckungsmaßnahme ganz und gar unbeachtlich=.

b) Noack, in: Die Vollstreckungspraxis, 5. Aufl. 1970, S, 419: (...) =Der Gerichtsvollzieher darf eigene unrichtige Quittungsvermerke nicht berichtigen, um den Titel wieder wirksam zu machen, z. B., wenn - wie oben - der Gläubiger den Versteigerungserlös wieder herausgeben musste. "

12.9.05WP
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