Pfändungs- u. Verhaftungsauftrag - Wegegeldpauschalen

Informationen und Meinungsaustausch zur Mobiliarvollstreckung, zur Parteizustellung und zum Kostenwesen.

Moderator: Petra Bausch

Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Sehr geehrter Herr Scheffer
Respekt - es macht richtig Freude mit Ihnen zu diskutieren.
Selbstverständlich dürfen Sie bei Ihrer Meinung bleiben.
Den betroffenen Gerichtsvollziehern in Ihrem Bereich ist zu wünschen, dass bald eine Gerichtsentscheidung herbeigeführt wird. (Aber das ist ja gegen den Willen des Bez.Revisors nicht mehr so einfach)
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Das diskutierte Problem wird sich wohl ohnehin bald erledigen, weil ja nach dem Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe
"Modernisierung des Zwangsvollstreckungsrechts" der 4. Abschnitt des 8.Buchs der ZPO also der Abschnitt Eidesstattliche Versicherung und Haft ohnehin entfällt.
Die geplanten Neuregelung in Buch 8 der ZPO ( §§ 704- 945) hat dann natürlich auch eine Kostenrechtsnovelle zur Folge, d.h. sowohl GVGA, GVO und das Gerichtsvollzieherkostenrecht müssen dann an das neue Gesetz angepasst werden.
Dann kann das angesprochene kostenrechtliche Problem dann
hoffentlich wieder bundeseinheitlich gelöst werden.
Eine unterschiedliche Kostenpraxis in den einzelnen Bundesländern sollte m.E. nicht erfolgen und führt nicht nur zu
unnötigen Streitereien sondern insbesondere zu einer Ungleichbehandlung der Kostenschuldner. Eine bundeseinheitliche Lösung ist daher umgehend anzustreben, wenn es sich um keine Einzelfälle sondern um ein sehr oft auftretendes "Dauerproblem" in der täglichen Praxis handelt.
Es wäre daher besser derartige Probleme entweder durch eine Regelung in den bundeseinheitlichen DB-GvKostG zu lösen oder durch den Gesetzgeber selbst . Vielleicht wartet man ja nur ab, um die weiteren Ergebnisse der og. Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzubeziehen?
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

KV-Nr. 711 lautet "... wenn der GV zur Durchführung des Auftrags Wegstrecken zurückgelegt hat." Wenn nach der Definition des § 3 GVKostG mehrere Aufträge vorliegen, sind auch mehrere Wegegelder zu erheben.
Wenn der in Kombination mit einem Pfändungsauftrag erteilte Verhaftungsauftrag im Anschluß an den Pfändungsauftrag an Ort und Stelle erledigt wird, wurde a u c h für diesen ein Weg zurückgelegt. Sonst wäre der GV ja nicht vor Ort, um den Verhaftungsauftrag erledigen zu können.

Insofern ist - Herr Scheffer - das bay. JMS zur Wegegeldpauschale schon logisch, indem auf die neue Systematik (nicht nur der KV 711) verwiesen wird. Nach dieser hängt das Wegegeld eben nur am Auftrag unter der Voraussetzung, daß zur Erledigung ein Weg zurückgelegt wurde. Seltsamerweise findet keiner der Befürworter des einmaligen Wegegeldansatzes etwas dabei, wenn nach eben derselben (neuen) Systematik der GV mitunter vielzählige Wege zur Erledigung eines Auftrags zurücklegt und das Wegegeld nur einmal zu erheben hat.

Ich weiß nicht, mit wievielen Omas hinterm Ofen, als Normalbürgerinnen und Kostenschuldnerinnen Herr Scheffer über dieses Thema geredet hat. Die Omas jedenfalls, denen ich bisher erzählt habe, daß der Staat einen GV evtl. zehnmal oder noch öfter 45 Straßenkilometer (einfach) fahren läßt und dafür 7,50 EUR erhebt, haben durch die Bank schallend gelacht und mir verdeutlicht, ich möge doch ältere Damen nicht veräppeln.

Wenn man schon ein solch geschicktes (vereinfachtes !!) Kostengesetz gemacht hat, sollte es auch in der (vereinfachten) Form Gültigkeit haben und zur Anwendung kommen und nicht immer wieder durch irgendwelche Spitzfindigkeiten in seinem Sinn umgekehrt werden.
Anonymous

Beitrag von Anonymous »


Das diskutierte Problem wird sich wohl ohnehin bald erledigen, weil ja nach dem Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe
"Modernisierung des Zwangsvollstreckungsrechts" der 4. Abschnitt des 8.Buchs der ZPO also der Abschnitt Eidesstattliche Versicherung und Haft ohnehin entfällt.

Hallo Herr Zander
Ich bitte um Aufklärung. Wollen Sie damit ausdrücken, dass die eidesstattliche Versicherung oder die Verhaftung des Schuldners demnächst wegfällt. Nach meiner Kenntnis gehen die Vorschläge der Arbeitsgruppe dahin, das EV-Verfahren nicht abzuschaffen sondern an den Beginn der Vollstreckung zu stellen. Die Zahl der Haftbefehle und Verhaftungen würde sich dadurch sicherlich erhöhen. Es könnte natürlich auch sein, dass die Verhaftung des Schuldners durch den GV im kommenden freien System aus verfassungsrechtlichen Gründen abgeschafft wird.
Ca. 90% meiner Kollegen würde da sicher in Jubelrufe ausbrechen, nachdem der Ansatz der Gebühr nach KV 270 nur noch bei der Einlieferung in die JVA zulässig sein soll. Die Gebühr nach KV 604 gilt den Aufwand nicht ab, wenn ich am Abend oder am Wochenende den Schuldner endlich angetroffen und eventuell sogar mit Schlosser und Polizei die Türe geöffnet habe.
In dieser Situation wird fast jeder Schuldner die EV "freiwillig" leisten und ich kann mich mit KV 604 begnügen.
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Die genannten Bestimmungen sollen nach dem "Arbeitspapier" tatsächlich wegfallen, aber an anderer Stelle durch "ähnliche" Regelungen ersetzt werden. Falls die angedachten Regelungen verwirklicht werden, wird es selbstverständlich auch Änderungen im Kostenrecht geben müssen. Dort wird man dann spätestens die diskutierten kostenrechtlichen Probleme regeln und so hoffentlich wieder für einen bundeseinheitlichen Kostenansatz sorgen. Mein Beitrag war in diesem Sinne zu verstehen. Mißverständnisse wollte ich nicht auslösen. Ich hab noch keine Zeit gehabt, das Papier genau durchzulesen.
Nach meinem Kenntnisstand soll die P r a x i s in den nächsten Tagen bzw. Wochen zum genannten Papier gehört werden. Die Einzelheiten werden dann in einigen Tagen sicherlich bei allen Amtsgerichten vorliegen. Ich hoffe, dass das Papier dann auch hier im Forum eingestellt wird.
Eine breite Diskussion der Praxis wird dann hoffentlich in sachlicher Form auch hier im Forum erfolgen. Diese Reform soll vermutlich unabhängig davon erfolgen, ob und in welcher Form eine Privatisierung etc. erfolgt.
Anonymous

Anzahl der Wegeldpauschalen

Beitrag von Anonymous »

Nach übereinstimmender Ansicht aller Kostendozenten des AZJ können beim Pfändungs- und Verhaftungsauftrag, wenn beide Aufträge erledigt werden, zwei Wegegelder erhoben werden.

Voraussetzung ist, dass tatsächlich Kosten entstanden sind, die mit dem Wegeld abgeolten werden sollen. Dies bedeutet aber nur, dass der Gerichtsvollzieher tatsächlich einen Weg/eine Fahrt unternommen haben muss, der/die Wegegeld auslöst. Kommt es nicht zu einem Weg oder einer Fahrt, kommt es auch nicht zu einem Wegegeldansatz. Nicht anderes steht auch in unserem Skript!

Mit anderen Worten: Verlässt der Gerichtsvollzieher sein Büro nicht, weil z. B. der Pfändungsauftrag nach § 63 erledigt wurde und der Verhaftungsauftrag vor Antritt eines Weges zurückgenommen wurde, kann ein Wegegeld nicht angesetzt werden.

Daraus ergibt sich noch nichts über die Anzahl der anzusetzenden Wegegelder. Wenn der Gerichtsvollzieher allerdings gefahren ist, kommt es in keinster Weise auf die Anzahl der unternommenen Wege an. Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt soll doch gerade der Streit über die Anzahl tatsächlich gefahrener Wege beseitigt werden.

Sind Kosten angefallen, die durch die Wegegelder abgegolten werden sollen, ist allein auf die Zahl der Aufträge abzustellen. Dies ergibt sich aus § 17 S. 2 GvKostG, wonach das Wegegeld (Nummer 711 des Kostenverzeichnisses) und die Auslagenpauschale (Nummer 713 des Kostenverzeichnisses) für jeden Auftrag gesondert zu erheben sind.

Da es sich bei dem Pfändungs- und Verhaftungsauftrag um zwei Aufträge handelt, da der Verhaftungsauftrag um einen besonderen Auftrag darstellt (§ 3 I 5 GvKostG), können – sobald der Gerichtsvollzieher zur Erledigung dieser beiden Aufträge gefahren ist – auch zwei Wegegeld in Ansatz gebracht werden.

Es ist völlig unbestritten, dass mehrere Wegegeld erhoben werden können, wenn der Gerichtsvollzieher mehrere Aufträge (unterschiedlicher Gläubiger) gegen denselben Schuldner (auf einem Weg) gleichzeitig erledigt. Wo liegt der Unterschied zum vorliegenden zum vorliegenden Fall? Auch in diesem Fall ist es oft Beteiligten schwer zu vermitteln, dass - trotz nur eines tatsächlichen Weges – mehrere Wegegelder erhoben werden können.

Man muss sich endlich mal von dem Begriff der "Anzahl der Wege" trennen. Maßgebend ist heute nur noch, dass die Kosten, die durch die Wegegeldpauschale abgegolten werden sollen, zu mehreren Aufträge angefallen sind. Diese Kosten werden dann durch die Wegegeldpauschale (!) bei jedem dieser Aufträge abgegolten.

Kessel :twisted:
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Nach dem seit 1.8.02 geltenden Wortlaut des § 3 GvKostG (Novelle) ist die Regelung tatsächlich so wie sowohl im unten abgedruckten bayerischen JMS und von Ihnen beschrieben.
§ 3 Abs.1 Satz 4: " Die Vollziehung eines Haftbefehl ist ein besonderer Auftrag".
Der Gesetzgeber hat aber sicherlich nur die Abgrenzung zwischen EV-Verfahren und Verhaftungsverfahren gedacht und
in keiner Weise gewusst oder bedacht, dass es in der Praxis auch "Pfändungs- und Verhaftungsaufträge" gibt? In der Gesetzesbegründung kommt dies nämlich nicht zum Ausdruck.
Wg. des klaren Wortlautes der Bestimmung ist aber selbstverständlich keine Auslegung möglich, unabhängig von der Frage, ob der Gesetzgeber dies gewollt hätte oder nicht.
In der Praxis ist aber dennoch festzustellen, dass sich viele GV scheuen bei einem Pfändungs- und Verhaftungsauftrag mehrere Wegegeldpauschalen anzusetzen, obwohl tatsächlich nur ein Weg zurückgelegt wurde. Jeder Praktiker weiss, dass bei einem kombinierten Pfändungs- und EV-Auftrag und einem anschliessenden Pfändungs- und Verhaftungsauftrag ( nach Ablauf der 3-Monatsfrist des § 3 GvKostG) fünf !!! Wegegeldpauschalen anzusetzen wären, obwohl der GV nur
zwei Wege zurückgelegt hat. Da schütteln selbst die meisten GV verständnislos den Kopf, weil ihrer Meinung nach, so eine Regelung vom Gesetzgeber sicherlich nicht gewollt war. Da kann man wohl nicht widersprechen? Es handelt sich halt ganz einfach um ein "Zufallsergebnis" der Gesetzesnovelle. Hätte man die in der ursprünglichen Gesetzesbegründung genannten Grundsätze absichtlich aufheben oder bewusst ändern wollen, so hätte man dies in der Begründung zur Novelle wenigstens kurz erwähnt. Für den Kostenschuldner wäre es daher sicherlich besser nachvollziehbar, wenn man die Wegegeldpauschalen wg. der Kostensteigerungen ( Benzin und .. und... usw.) maßvoll anheben würde, als ewig am § 3 GvKostG rumzubasteln.
Das diskutierte Problem sollte durch eine klarstellende Regelung in KV 711 Abs. 4 GvKostG gelöst werden.
Dort wäre eine Regelung einfacher gewesen! Spätestens bei der Anhebung der ´Wegegeldpauschalen wg. der Kostensteigerungen für den Betrieb der Fahrzeuge sollte diese Klarstellung nachgeholt werden.
Fazit: Am Wortlaut der derzeitigen Regelung ist aber dennoch nciht zu rütteln ( siehe JMS aus Bayern).
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

ZITAT:In der Praxis ist aber dennoch festzustellen, dass sich viele GV scheuen bei einem Pfändungs- und Verhaftungsauftrag mehrere Wegegeldpauschalen anzusetzen, obwohl tatsächlich nur ein Weg zurückgelegt wurde
So ging es mir bisher auch. Leider mußte ich jedoch feststellen, dass die Kosten für den Betrieb meines KfZ dauernd steigen und die vereinnahmten Wegegelder immer mehr zurückgehen. Besonders betroffen bin ich von der unseligen Zweikreisregelung
(Büro/Amtsgericht) durch die ich gravierend benachteiligt werde.
Mit der Änderung des GVKostG wurde die Chance verpasst für eine gerechte Wegegeldregelung zu sorgen. Die Pauschalen sind in den meisten Fällen nicht deckend, was sich spätestens bei der angetrebten Privatisierung massiv bemerkbar machen wird.
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Bei konsequenter Anwendungen des § 3 GvKostG sind außer dem bereits diskutierten Pfändungs und Verhaftungsauftrag noch folgenden Konstellationen denkbar:

Kombiauftrag/Fall 1:
Beim Kombiauftrag handelt es sich unstreitig um zwei Aufträge - von dem Zeitpunkt an an dem die Voraussetzungen für das EV-Verfahren vorliegen - wenn der Glbg. der sofortigen
Abnahme widersprochen hat oder der Schuldner nicht angetroffen wird.
Die persönliche Zustellung der Ladung an Ort und Stelle löst demnach ebenfalls eine Wegegeldpauschale für das EV-Verfahren aus. (Auch wenn die EV später dann im Büro des
GV abgenommen wird.)
Einwände von einzelnen Prüfungsbeamten gegen diese Auslegung sind nicht stichaltig und werden von den Ministerien auch nicht unterstützt:
Die Prüfungsbeamten stützen ihre Auffassung, dass für die persönliche Zustellung der Ladung zum Termin zur Abnahme der EV ein Wegegeld nicht angesetzt werden kann, auf Nr. 18 Abs. 2 DB-GvKostG. Danach kann ein Wegegeld bei einer persönlichen Zustellung nur erhoben werden, wenn diese Form der Zustellung nach § 21 Nr. 2, 4 oder 5 GVGA geboten ist......
Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass auch unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze in den hier angesprochenen Fällen, in denen sich der Gerichtsvollzieher wegen des konkreten Auftrags bereits an Ort und Stelle befindet, die persönliche Zustellung in der Regel keine unrichtige Sachbehandlung darstellt. Die persönliche Zustellung dient insbesondere der einfacheren Abwicklung des Auftrags
und der im Interesse des Gläubigers liegenden Beschleunigung des Verfahrens.


Kombiauftrag/Fall 2:
Unter Bezugnahme auf den vorstehenden Sacheverhalt gibt es in der Praxis auch Fälle, in denen dem GV erst an Ort und Stelle (nach Pfändungsversuch) bekannt wird, dass der Schuldner die EV bereits abgegeben hat.
Wenn der Glg. der sofortigen Abnahme widersprochen hat oder der Schuldner nicht angetroffen wird, liegt für das EV-Verfahren ebenfalls ein separater Auftrag vor.
Dass die Gebühr nach KV 604 in diesem Fall nicht erhoben werden kann, hat m.E. nichts damit zu tun, dass auch in diesem Fall für das EV-Verfahren eine Auslagenpauschale sowie eine Wegegeldpauschale anfallen.
Michael Ziemann

Beitrag von Michael Ziemann »

Zum Fall 1 (Kombiauftrag) ist der Hinweis auf Nr. 18 Abs. 2 DB-GvKostG, § 21 Nr. 2, 4 oder 5 GVGA nicht zutreffend, sondern lediglich im Fall einer separaten Zustellung der Ladung.

Nach KV 711 Abs. 1 Satz 1 wird Wegegeld erhoben, wenn der GV zur Durchführung des Auftrages Wegstrecken zurückgelegt hat. Der bedingte Auftrag zur eV wird aber erst wirksam, wenn vor Ort die wiederholte Abwesenheit des Schuldners festgestellt werden muss (§ 807 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Das eV-Verfahren beginnt quasi vor Ort zu laufen und für die persönliche Zustellung wurde im eV-Verfahren gerade kein Weg zurückgelegt = kein Wegegeld im eV-Verfahren! Lädt der GV auf die Wohnung des Schuldners und nimmt die eV im weiteren Verlauf beim Schuldner ab (= neue Wegstrecke), kann ein Wegegeld erhoben werden.

Im Fall 2 fällt deshalb ebenfalls kein Wegegeld, sondern lediglich die Auslagenpauschale an.

Ich stimme daher Herrn Scheffer zu: "Kein Weg, kein Wegegeld" bezogen auf den Auftrag und das damit verbundene Verfahren.

M. Ziemann
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