Basiszinssatz im Schuldtitel

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Moderator: Petra Bausch

Anonymous

Basiszinssatz im Schuldtitel

Beitrag von Anonymous »

Basiszinssatz im Schuldtitel

Herr Harnacke, Richter am Amtsgericht und Leiter des gemeinsamen Gerichtsvollzieherlehrgangs am azj Monschau hatte bereits in DGVZ 2001, 70 darauf hingewiesen, dass die Tenorierung variabler Zinssätze zur Regel werden wird, und dass der Gerichtsvollzieher sie jeweils ermitteln und berechnen bzw. die Berechnung des Gläubigers kontrollieren müsse.

Ein Fall aus dem Jahr 2002 zeigt, dass bis zu dem unterstellten Zahlungstag vom 15.03.2005 acht verschiedene Zinsberechnungen notwendig waren.
Da ich zunächst keinen elektronischen Basiszinsrechner finden konnte, hatte ich mittels Taschenrechner die verschiedenen Zeiträume berechnet. Jetzt habe ich im Internet einen solchen entdeckt, und zwar von der Forschungsgruppe Rechtsinformatik. Adresse: http://rechtsinformatik-forschung.de/projekte

Dieser Rechner ist -phänomenal-. Man braucht nur neben der Forderung- den Tag des Zinsbeginns und den Tag des Zinsendes einzugeben, und sofort erhält man folgende Liste.

Ausgangsdaten:
Betrag: 12.000,00 EUR
Von: Mi., 30.10.2002
Bis: Di., 15.03.2005
Verzugszinssatz:
- Verbrauchergeschäft (5 Prozentpunkte über Basiszinssatz)

Zeitraum Tage Zinssatz Zinsertrag
30.10.2002 - 31.12.2002: 63 7.47 % 154,7211 EUR
01.01.2003 - 30.06.2003: 181 6.97 % 414,7627
01.07.2003 - 31.12.2003: 184 6.22 % 376,2674
01.01.2004 - 30.06.2004: 182 6.14 % 366,3869
01.07.2004 - 31.12.2004: 184 6.13 % 369,8098
01.01.2005 - 15.03.2005: 74 6.21 % 151,0816
Total:
30.10.2002 - 15.03.2005: 868 Tage Zinsen: 1.833,0296 EUR

Ausgangsforderung: + 12.000,0000 EUR
Gesamtforderung: = 13.833,0296 EUR
Jeder Tag ab 16.03.2005 (1) 6.21 % = 2,0416 EUR

Kriterien für die Berechnung waren:

Effektivzinsmethode/ISMA-Rule (act/act)
Erster Tag findet Berücksichtigung, BGB § 187 (2) S. 1 aF=nF
Letzter Tag findet Berücksichtigung
Keine Berücksichtigung von Zinseszins, BGB § 289 S. 1 aF=nF
(Ende der Berechnung)

(Meine mittels Taschenrechner erfolgte Ausrechung ergab: 1.839, 30 EUR. Wahrscheinlich lag ein Eingabefehler vor.)

Ferner schrieb Herr Harnacke:
?Wird dem Gerichtsvollzieher ein Geldtitel vorgelegt, in dem hinsichtlich der Zinsen ausgeführt wird ?nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz?, stellt sich für ihn die Frage, ob der Anspruch hinreichend bestimmt ist.
Den vollstreckbaren Anspruch muss der Titel inhaltlich bestimmt ausweisen (2 BGHZ 122, 16, 17. ). Ein Zahlungsanspruch ist bestimmt, wenn er betragsmäßig festgelegt ist oder sich ohne weiteres errechnen lässt (3 BGH, NJW 1983, 2262; OLG Oldenburg, Rpfleger 1985, 448; Zöller-Stöber, ZPO, 22. Aufl., § 704 Rdnr. 4). Für die Auslegung darf zwar grundsätzlich nur auf Tatbestand und Entscheidungsgründe zurückgegriffen werden, anerkannt ist jedoch auch die Bezugnahme auf allgemein zugängliche Quellen und Daten (4 Vgl. Walker, MDR 1995, 520). Da der maßgebliche Basiszinssatz durch den Gerichtsvollzieher an Hand der Veröffentlichungen der Bundesbank (im Bundesanzeiger oder auf der Homepage der Bundesbank unter ?FAO/Links?), durch den Wirtschaftsteil der Tageszeitung, durch Nachfrage bei der Hausbank oder durch das Internet (z. B. http://www.wowi.de/ info/finanzen/zinsentwicklung/leitzinsen_ezb.htm) ohne Probleme ermittelt und die Zinssumme berechnet werden kann, ist der Zinsausspruch ?5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz? hinreichend bestimmt (5 So auch Schimmel/Buhlmann, MDR 2000, 737, 738; Reichenbach, MDR 2001, 13, 14). ?
28.03.05WP
Anonymous

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Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Mitt Nr 14 BDIU an seine Mitglieder
13.1 Verzugszinsen- Achtung: Haftungsfalle
Der gesetzliche Jahressatz für Verzugszinsen beträgt gemäß § 288 Abs. 1 BGB 5 „Prozentpunkte"(bzw. bei Rechtsgeschäften ohne Verbraucherbeteiligung 8 „Prozentpunkte über dem Basiszinssatz gem. § 288 Abs. 2 BGB). Es kann allerdings häufig beobachtet werden, dass bei der (gerichtlichen) Geltendmachung von Verzugszinsen die Formulierungen „5 % Zinsen über Basiszinssatz" bzw. „Zinsen in Höhe von 5 % über Basiszinssatz" verwendet werden.
Streng genommen entsprechen diese Formulierungen nicht dem gesetzlichen Verzugszinssatz.
Vielmehr folgt hieraus bei einem Basiszinssatz von 1 ,13 % ein Verzugszinssatz von 1,19 % statt der gewollten 6,13 %, denn 5% über Basiszinssatz bedeutet Basiszinssatz zuzüglich 5% vom Basiszinssatz, wohingegen 5 Prozentpunkte über Basiszinssatz bedeutet, dass die Prozentpunkte dem Basiszinssatz hinzuzurechnen sind. Eine nicht dem Gesetzeswortlaut des § 288 Abs. 1, 2 BGB angepasste Formulierung könnte somit zu ungewollten Zinsverlusten führen. Schon bei einer Hauptforderung von 5000 Euro würden dem Auftraggeber jährliche Zinsen von immerhin 247 Euro entgehen. Zur Vermeidung möglicher Haftungsrisiken empfehlen wir deshalb bei der Geltendmachung des Verzugszinsanspruchs den Gesetzeswortlaut des §288 BGB zu beachten.
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

ZITAT:
Da ich zunächst keinen elektronischen Basiszinsrechner finden konnte, hatte ich mittels Taschenrechner die verschiedenen Zeiträume berechnet. Jetzt habe ich im Internet einen solchen entdeckt, und zwar von der Forschungsgruppe Rechtsinformatik. Adresse: http://rechtsinformatik-forschung.de/projekte

Dieser Rechner ist -phänomenal-. Man braucht nur neben der Forderung- den Tag des Zinsbeginns und den Tag des Zinsendes einzugeben, und sofort erhält man folgende Liste. ZITAT Ende


Ein brauchbares GV-Programm kann das in DOS seit 1984 und in WIN erst recht.
Eingabe Zinsbeginn und Zinsende und die Software errechnet -und druckt gem. 367 BGB- dann auch die jew. Zinssätze entsprechend aus.
Phänomenal selbstverständlich
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Am 28.03.05 habe ich hier die Meinung von Herrn Harnacke (azj. Monschau) in DGVZ 2001, S. 70, mitgeteilt, wonach in einem Geldtitel durch die Tenorierung: -nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz- von 5 Prozentpunkten auszugehen ist.

Für das Mahnverfahren scheinen die Vordrucke hinsichtlich der Zinsen recht unterschiedlich zu sein.

Z. B schreibt Frau Rechtsanwältin Anette Sterzinger-Graf, Würzburg, in NJW-aktuell Heft 24/2004, Seite XVIII (hier entnommen aus einem anderen Forum):
-In dem im hiesigen Landgerichtsbezirk zu verwendenden amtlichen Formular für das automatisierte Mahnverfahren beim AG Coburg heißt es in Zeile 40: -oder Prozent über Basiszinssatz-. Nachdem in hiesiger Kanzlei das von Hartmann beschriebene Problem seit längerem bekannt ist, wird hier der im amtlichen Vordruck vorgesehene oben aufgeführte Passus dahingehend abgeändert, dass in der Freizeile jeweils -fünf Prozentpunkte- eingetragen wird.-

Ähnlich äußert sich Herr Rechtsanwalt und Notar Martin Delank, Wildeshausen, in einem Aufsatz in NJW-aktuell Heft 31/2004, Seite XVI (laut einer mir zugegangenen Mitteilung):
-In der Tat sind die amtlichen Vordrucke für das Mahnverfahren falsch.
Auf eine entsprechende Nachfrage beim Bundesministerium der Justiz wurde mir geantwortet, dass die Formulierung -5 % über dem Basiszinssatz- dahingehend auszulegen ist, dass damit Prozentpunkte gemeint sind. Denn wie der Begründung des Regierungsentwurfs ZPO- RG (BT-Dr 14/4722, S. 127 ) entnommen werden könne, war Anlass für die Änderung der Verordnungen zur Einführung von Vordrucken für das Mahnverfahren die Neufassung des § 104 I 2 ZPO, wonach die festgesetzten Kosten -mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz- zu verzinsen sind. Mit anderen Worten, es ist egal, ob auf Mahnbescheidsformularen hinsichtlich der festzusetzenden Kosten der Zinsanspruch mit 5 % oder 5 Prozentpunkten angegeben wird. Entscheidend ist, was der Gesetzgeber sich dabei gedacht hat und nicht was der Lese- und Rechenkundige darunter verstehen muss.
Nach Meinung des Ministeriums ist es nicht erforderlich, dass die Fassung der Vordrucke geändert wird, denn -die Verordnungen sowie die auf ihrer Grundlage erstellten Vordrucke haben dienende Funktionen, so dass es letztlich auf den Gesetzeswortlaut des § 104 I 2 ZPO ankommt.--- Das Ministerium beabsichtigt nicht, eine entsprechende Korrektur der gesetzlich vorgeschriebenen Vordrucke für das Mahnverfahren vorzunehmen.


Eine weitere Stütze ?- neben Harnacke s.o.- für die Zugrundelegung von -Prozentpunkten- ist Herr Notar Dr Dietmar Weidlich, der in einem anderen Forum wie folgt zitiert wird:
Aufsatz in DNotZ 2004, 820-823
Prozente und Prozentpunkte beim Anspruch auf Verzugszinsen
-- zugleich Anmerkung zu Hartmann, NJW 2004, 1358 --
BGB § 288 Abs 1 S 2
Kurzreferat
(F) Der Verfasser setzt sich kritisch mit der von Hartmann in NJW 2004, 1358 geäußerten Meinung auseinander, dass ein Klageantrag auf Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz bedeute, dass bei einem derzeitigen Basiszinssatz von 1,13 Prozent anstelle der gewollten Verzugszinsen in Höhe von 6,13 Prozent in Wirklichkeit nur Verzugszinsen in Höhe von circa 1,19 Prozent vom Anwalt gefordert würden. Der Verfasser widerspricht dieser von Hartmann vertretenen Auffassung. Dazu leitet er zum einen aus dem allgemeinen Sprachverständnis hinsichtlich des Wortlautes des § 288 Abs. 1 S. 2 BGB ab, dass
man entgegen der Meinung von Hartmann keine zweite Bezugsgröße in die Formulierung hineininterpretieren könne. Zum anderen beleuchtet er die von Hartmann vertretene Ansicht im Lichte der Rechtsprechung des BGH sowie der Formulierungen des Gesetzgebers mit dem Ergebnis, dass die Berechnungsmethode von Hartmann dem Gesetzeszweck eindeutig widerspreche.

Aus dieser unterschiedlichen Zinsangabe stellen sich folgende Fragen:
1.) Berechnen manche Gläubiger (oder vielleicht sogar generell) in ihren Forderungsaufstellungen die Zinsen auf der Grundlage -Fünfprozentpunkte-, auch wenn dieser Terminus fehlt?
2.) Erkennen die Gerichtsvollzieher derartige Zinsberechnungen an?
3.) Wenn der Gerichtsvollzieher selbst berechnet, von welchem Zinssatz geht er aus?

Eine breite Diskussion könnte dazu beitragen, in der Praxis weitgehend eine einheitliche Handhabung zu erreichen.
31.03.05 WP
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Man könnte doch glauben, das wäre ein vorgezogener Aprilscherz oder sollte man doch besser Fragen:
" Lebt der alte Till Eulenspiegel noch?"
Ich halte eine derartige Auslegung in der Tat für eine "Eulenspiegelei". Aber auch eine Eulenspiegelei kann man mit der Anwendung der üblichen Auslegungsregeln sofort widerlegen. Oder sollte es schon eine ernsthafte Entscheidung geben die eine derartige Eulenspiegelei auch noch stützt ?
Ich kanns mir nicht vorstellen.
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

ja so ist es in der Juristerei, manches kann man sich in der Theorie einfach nicht vorstellen.

Mitnichten, GV pflegen idR nicht zu scherzen, sondern dürfen das ausbaden, was andere nachlässig verursacht haben.
Nämlich Unklarheiten

Tats. liegt hier ein Fall in der PRaxis vor.
Hohe Forderung, längerer Zeitraum, fehlerhafte 5 % Verzinsung tituliert. Schu anwaltschaftlich beraten, SchuAnwalt rechnet Forderung nach und siehe da er beruft sich auf den natürlich niedrigeren Zins und 1.37 und 6,21 sind ein kleiner aber feiner Unterschied.

F.d.Rest verweigert der Schu, und nun sprach Cäsar.
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Der in NJW 2004, 1358-1360 veröffentlichte Aufsatz des Herrn Rechtsreferendars und Master of Laws (LLM) Bernd Hartmann beschäftigt sich mit Prozenten und Prozentpunkten beim Klageantrag auf Verzugszinsen.

Die hier in diesem Forum favorisierte Auslegung des Titels, dass Prozentpunkte gemeint sind, billigt auch Herr Hartmann dem richterlichen Ermessen zu, wenn der Kläger nicht anwaltschaftlich vertreten ist. (Andernfalls müsse das Gericht nach dem Grundsatz ne ultra petita, ZPO § 308 Abs 1, dem Antrag entsprechend entscheiden.

Da die sonst bis jetzt veröffentlichte Literatur Prozentpunkte auch ohne ausdrückliche Formulierung unterstellt, wird es nicht leicht sein, Gründe für eine Ablehnung der Vollstreckung bezüglich der Differenzzinsen (siehe unten) zu finden (es sei denn, man beruft sich nur auf Hartmann aaO).

Hier noch eine Gegenüberstellung:

In meinem Beispiel vom 28.03.2004 ergaben sich auf der Grundlage von Prozentpunkten Zinsen von 1833,03 EUR.

Im Titel hieß es: 12000 EUR + 5% über dem Basiszinssatz. Der Zeitpunkt des Basiszinssatzes ist nicht angegeben. Es kann sich aber wohl nur um den Basiszinssatz per 30.10. 02 (= Zinsbeginn) handeln.
Am 30.10. 2002 betrug der Basiszinssatz 2, 47%. 5% davon sind 0,12.
Somit entstand ein gleichbleibender Zinssatz von 2,47+0,12 = 2, 59 pro Jahr.

Aus der Forderung von 12000 EUR wären somit bis zum Zahlungstag am 15.03.2005 Zinsen in Höhe
von 739,01 EUR
angefallen.
01.04.2005WP
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Im Nachgang zu meiner Vergleichsberechnung vom 1.4.05 will ich noch auf folgendes hinweisen.

Sollte im Fall der Titulierung: 5% über dem Basiszinssatz (also ohne Punkte) im Tenor stehen, dass der JEWEILIGE Basiszinssatz zur Anwendung kommt, würde dies eine erhebliche manuelle Rechenarbeit nach sich ziehen, wenn ? wie in meinem Beispiel- 6 Rechenoperationen notwendig sind, da die 5% aus dem halbjährlich gültigen Basiszinssatz zu ermitteln wären.
02.04.05WP
Anonymous

Beitrag von Anonymous »

Der Umstand, welche und wieviele Rechenoperationen eine Zinsberechnung auslösen würde (§ 130 GVGA!) ist kein Faktor, der für die Beurteilung maßgeblich ist oder sein kann, ob nun 5 % über oder 5 Porzentpunkte gleiche oder unterschiedliche Berechnungen hervorrufen.

Außerdem löst dies ein taugliches EDV-System -sogar schon unter DOS- einfachst (Zeitraum eingeben, Basiszins oder andren bestimmen und schon ist über den gesamten Zeitraum, egal wieviele Jahre, richtig berechnet) mit links.


Deshalb ist dieser Gesichtspunkt für eine Beurteilung etwa so relevant, als die Frage zu bewerten ist, wenn ich Peking ein Sack Reis umfällt.
Sorry.
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