Vorl. Vollstreckbarkeit Einstellung ZWV wenn Gläub. mittellos

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Anonymous

Vorl. Vollstreckbarkeit Einstellung ZWV wenn Gläub. mittellos

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BGH: Mittellosigkeit des Gläubigers rechtfertigt Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil
Die Mittellosigkeit des Gläubigers begründet für den Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil, wenn dieser eine Geldforderung aufgrund eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils begleicht. Ein Antrag des Schuldners auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung während eines laufenden Rechtsmittelverfahrens ist daher begründet. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden (Beschluss vom 30.01.2007; Az.: X ZR 147/06, BeckRS 2007, 02497).
Abwendungsbefugnis zu Unrecht nicht gewährt
Im entschiedenen Fall hatte das OLG Köln die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von knapp 60.000 Euro nebst Zinsen bestätigt und das Urteil gemäß § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar erklärt. Dabei räumte das OLG der Beklagten keine Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO ein - zu Unrecht, wie der BGH nun klarstellte. Der vom Berufungsgericht angewendete § 713 ZPO, der Schuldnerschutzbestimmungen bei Unanfechtbarkeit der Entscheidung ausschließt, treffe auf Berufungsurteile nicht zu, weil dem Vollstreckungsschuldner die Revision oder die Nichtzulassungsbeschwerde bleibe.
Beklagte fürchtet um Rückforderung
Die Beklagte legte gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde ein und verweigerte weiter die Zahlung an die Klägerin. Zur Begründung führte sie aus, diese sei mittellos. Deshalb sei zu befürchten, dass die Klägerin gezahlte Beträge nicht zurückerstatten könne, wenn das angefochtene Urteil aufgehoben werde.
Einstellung der Zwangsvollstreckung
Die Karlsruher Richter ordneten auf Antrag der Beklagten die Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung nach §§ 719, 707 Abs. 1 Satz 1, 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO an. Die Mittellosigkeit der Klägerin begründe für die Beklagte einen nicht zu ersetzenden Nachteil im Sinne des § 719 Abs. 2 ZPO.
Kein überwiegendes Gläubigerinteresse
Dem Interesse der Vollstreckungsgläubigerin, dringend benötigte Geldmittel zu erhalten, billigten die Richter kein größeres Gewicht zu. Die Klägerin hatte vorgetragen, sie warte seit inzwischen sechs Jahren auf die Begleichung der Forderung. Ihre anderen Verbindlichkeiten erhöhten sich in der Zwischenzeit um laufende Zinsen. Diese unbestreitbaren Nachteile einer weiteren Leistungsverzögerung wögen indessen nicht so schwer wie der der Beklagten drohende unwiederbringliche Verlust, so der BGH.
Kein offensichtlich erfolgloses Rechtsmittel
Schließlich wies der zehnte Zivilsenat darauf hin, dass für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung dann kein Raum sei, wenn feststehe, dass das vom Vollstreckungsschuldner eingelegte Rechtsmittel keinen Erfolg haben werde. Dann sei eine Änderung der Hauptsacheentscheidung ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall müssten die Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten jedoch sorgfältig geprüft werden. Dies sei im Rahmen des Einstellungsantrags nicht möglich.
http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp ... from=HP.10

beck-aktuell-Redaktion, Verlag C. H. Beck, 30. April 2007.
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